: Mangelware Kindergarten
■ Sachverständige: BRD liegt im internationalen Vergleich bei Krippen- und Kita-Angebot ganz hinten
Bonn (ap) - Höchstens 3 Prozent aller Kinder bis zu drei Jahren können derzeit in Kinderkrippen untergebracht werden. Wie aus dem am Montag in Bonn vorgelegten Jugendbericht einer von der Bundesregierung beauftragten Sachverständigenkommission weiter hervorgeht, wird auch das Platzangebot für die Drei- bis Sechsjährigen in den Kindergärten immer knapper. Mitglieder der Kommission kritisierten am Montag vor Journalisten in diesem Zusammenhang das kürzlich verabschiedete Jugendhilfegesetz, weil es keinen Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze vorsehe.
Im Vergleich zu anderen EG-Staaten schneidet die Bundesrepublik laut Jugendbericht im Bereich der Krippen und Kindertagesstätten am schlechtesten ab. Während in Dänemark 44 Prozent, in Frankreich und Belgien zwischen 20 und 25 Prozent der Kinder bis zu drei Jahren einen Platz in einer Krippe finden, sind es in der BRD lediglich 3 Prozent. Dabei stellen allein Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und Stuttgart etwa zwei Drittel des Platzangebots. In vielen Städten und besonders auf dem Land gibt es überhaupt keine Krippenplätze.
Die Kommission betonte die Notwendigkeit zur Schaffung von Kinderkrippen, weil sich die Situation vieler Familien in den vergangenen Jahren nachhaltig verändert habe. Nicht alle Mütter - an die Väter dachten die „Sachverständigen“ offensichtlich in diesem Zusammenhang nicht - könnten es sich aus materiellen oder beruflichen Gründen leisten, längere Zeit aus dem Berufsleben auszuscheiden. Nur für etwa acht Prozent der Kinder erwerbstätiger Mütter oder erwerbstätiger alleinerziehender Väter hält die Jugendhilfe einen Platz bereit.
Im Kindergartenbereich für die Drei- bis Sechsjährigen konstatiert der Jugendbericht ebenfalls Engpässe, vor allem bei Ganztageskindergärten. Die Kommission stellte fest, daß die Inanspruchnahme von Kindergartenplätzen mit dem Familieneinkommen steigt. Während im Jahr 1986 in einkommensschwachen Familien (unter 1.000 Mark netto) 65 Prozent der Vierjährigen und 72 Prozent der Fünfjährigen einen Kindergarten besuchten, trifft dies für einkommensstarke Familien (5.000 Mark netto und mehr) für 83 Prozent der Vierjährigen und 91 Prozent der Fünfjährigen zu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen