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Archiv-Artikel

Mangelnde Muße

betr.: „Früher fördern“, taz Bremen vom 9. März

Der Geist weht, wo er will, und in Deutschland weht er lau, in Bremen besonders. Alle Länder, die in TIMMS, PISA und IGLU erfolgreich waren und sind, geben dem Geist, was auch immer das sein mag, Raum und Zeit. Sie achten ihn und seine Vermittler, ihre Lehrer. Seitdem Gerhard Schröder 1997 Deutschlands Lehrer in Bausch und Bogen übelst beschimpfte, darf das in Deutschland jeder Dödel. Auf solchem Boden ist erfolgreiche Bildungspolitik nicht möglich. Was da noch an zarten Pflänzchen zum Licht hin strebt, wird von Bildungsbürokraten und Bildungspolitikern übergemangelt. Die Einen wollen ihre Macht über den Geist nicht abgeben, die Anderen machen mit Ideen auf sich aufmerksam wie der, die Zahl der Sitzenbleiber durch Sommerarbeit zu reduzieren. Jedes sich Einlassen auf Argumente Pro und Contra hieße nur, Mut zu weiteren Schnapsideen zu machen. Rembertiring und Bildungsexperten von SPD, CDU und Grünen! Probierts doch mal ganz anders! Lasst Bremens Schule, die Lehrer und die Schüler, einfach mal in Ruhe! Drei Wochen lang. Ich schlage vor: Von Dienstag, dem 13. April, bis Freitag, dem 30. April 2004. Gießt in dieser Zeit die Blumen, rückt die Bilderrahmen gerade, legt die Füße auf den Schreibtisch und tut nichts. Verschickt keine Briefe an Schulen, schon gar keine E-Mails. Ruft dort nicht an. Ich weiß, das fällt uns Deutschen furchtbar schwer. Aber es lohnt sich. Ich garantiere nicht, dass auf diesem Wege Bremen künftig in PISA etc. besser abschneiden wird. Aber wenn überhaupt, dann nur so. Kaskaden von Vorschriften, sozial verbrämte Organisationshuberei und kurzlebige Aktionen hatten wir in den letzten 25 Jahren genug. Schluss damit! Schule braucht Zeit zum Atemholen, zum Nachdenken und zu Muße. Falls noch jemand weiß, was das ist.

Martin Korol, Bremen