: Mandela bei de Klerk
■ Gespräch über Dialog im Apartheidstaat / Neue Treffen geplant
Johannesburg (ap/dpa/afp/taz) Der südafrikanische Präsident Frederik de Klerk ist am Mittwoch überraschend zu einem Gespräch mit dem seit mehr als 27 Jahren inhaftierten Vorsitzenden des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) Nelson Mandela zusammengetroffen. Wie das Justizministerium mitteilte, standen bei dem Treffen im Amtssitz des Apartheidchefs die Aussichten für einen künftigen Dialog der weißen Regierung mit Vertretern der schwarzen Bevölkerung über die Zukunft des Landes im Mittelpunkt der Begegnung. „Folgegespräche sind für das neue Jahr vorgesehen“, hieß es gestern aus dem Justizministerium.
Das Treffen war das zweite Mandelas mit einem südafrikanischen Präsidenten. Am 5. Juli hatte de Klerks Vorgänger Botha den eingesperrten Führer des verbotenen ANC empfangen. Nach Auskunft des Justizministeriums hatte Mandela um das gestrige Treffen gebeten. Der Begegnung hätten auch die Minister für Justiz und die Entwicklung der Schwarzen, Kobie Coetsee, und der Minister für Verfassungsentwicklung und Planung, Gerrit Viljoen, beigewohnt. Einzelheiten wurden nicht bekanntgegeben.
Der inhaftierte ANC-Führer steht bereits seit einiger Zeit in regelmäßigem Kontakt mit Vertretern der Regierung, um einen möglichen Dialog zwischen der Regierung des Apartheidstaates und schwarzer Oppositon vorzubereiten. In dem Regierungskommunique nach dem Treffen wird die Absicht de Klerks bekräftigt, mit den Repräsentanten der schwarzen Mehrheit über eine neue Verfassung zu verhandeln. Der Präsident habe die Möglichkeit begrüßt, mit Mandela zu sprechen, hieß es. „Auf diese Weise werde die Initiative seines Amtsvorgängers (Pieter Botha) fortgesetzt.“ Erwähnt werden in der Mitteilung auch die Vorbedingungen, die der ANC für einen Dialog über eine Verfassungsänderung gestellt hat.
Gerüchte über eine in Kürze bevorstehende Freilassung des wohl prominentesten politischen Häftlings der Welt erhielten durch das Gespräch gestern neue Nahrung. In einer knappen Mitteilung über die Begegnung deutete das Justizministerium jedoch an, daß Mandela nicht damit rechnen kann, vor Jahresende auf freien Fuß zu kommen. Beobachter rechnen mit einer Haftentlassung noch vor Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des Parlaments im Februar. Die Opposition in Südafrika macht neben der Aufhebung des Ausnahmezustands auch Mandelas Freilassung für die Aufnahme von Verhandlungen zur Bedingung.
Auf de Klerks Veranlassung waren Mitte Oktober sieben ANC -Führer aus der Haft entlassen worden. Einer von ihnen, Walter Sisulu, besuchte Mandela am Dienstag im Gefängnis.
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