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„Man wollte mich zermürben“

■ Büllesbach hat von Bremen die Nase voll / Stellung des Datenschutzes zu schwach

Alfred Büllesbach, oberster Bremer Datenschützer will nicht mehr. Gestern teilte der Senatskomissar für den Datenschutz, Justizsenator Volker Kröning, dem Senat mit, daß Büllesbach ab 1. September Chef-Datenschützer bei Daimler Benz in Stuttgart sein wird. Hinter dem Wechsel von Büllesbach auf den lukrativen Job in der Industrie verbirgt sich eine tiefe Verbitterung, über die Art, wie der Senat mit dem Datenschutzbeauftragten im Allgemeinen und seiner Person im Besonderen umgegangen ist.

Schon Bürgermeister Hans Koschnick hatte die Absicht bekundet, daß der Datenschutz in Bremen eine stärkere Position bekommen solle. Behördeninterner Maßstab: Die Höhe der Einstufung des Behördenleiters im Vergleich zu ähnlichen Behörden. Und hier findet sich der Datenschutzbeauftragte deutlich am Ende einer senatsgemachten Hierarchie. Während der Leiter des Rechnungshofes mit B7 besoldet wird, die Gleichstellungsstelle und die Ausländerbeauftragte immerhin A3 wert sind, wird der oberste Datenschützer mit A 16 honoriert. Büllesbach: “ Die Frage, wie bewertet man eine solche Position, ist für mich auch eine Frage der politischen Anerkennung. Wie wichtig ist die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Bürger im Lande Bremen eingestuft?“ Für Büllsebach hat die Geringschätzung des Datenschutzes auch eine „faktische Wirkung auf die Stellung des

Amtsinhabers im Alltag“. Büllesbach: “ Das führt auch zu Konflikten im der Auseinandersetzung mit nachgeordneten Behörden und Dienststellen. Es hat keinen Sinn, zu sagen, 'Wir schätzen den Datenschutz‘ und ihn dann in der Durchsetzungsfähigkeit nicht zu stärken.“

Zweiter Punkt, der den Datenschützer hat resignieren lassen: Seit mehreren Jahren versucht er vergeblich ein Gespräch mit Bürgermeister Klaus Wedemeier zu führen. Dies wurde von der Senatskanzlei mit dem Verweis auf die Zuständigkeit von Justizsenator Volker Kröning immer wieder abgeblockt. Erst gestern, nachdem seine Kündigung Kröning bekannt war, erhielt er die Einladung zu einem Gespräch Ende August. Doch auch in seiner alltäglichen Arbneit wurde Büllesbach von Senatoren behindert. Besonders unangenehm ist ihm dabei Finanzsenator Claus Grobecker in Erinnerung geblieben. „Ich habe Senator Grobecker drei- oder viermal um einen Gesprächstermin gebeten, um Datenschutzprobleme im Bereich Finanzen erörtern. Ich habe nicht mal eine Antwort gekriegt. Stattdessen hat er mich bei zufälligen Treffen angepöbelt, mehrmals sogar in aller Öffentlichkeit. Und da muß ich auch sagen, daß ich das nicht nötig habe. Den Mann der sich anpöbeln läßt, den sollen sie sich suchen.“

Und auch in der SPD-Fraktion hat sich Büllesbach als Nestbeschmutzer wenig Freunde ge

macht. „Große Teile in der SPD-Fraktion haben das Amt, unabhängig, wie ich es verstanden habe, nicht gestützt. Die haben das als unflätig und unsolidarisch empfunden. Das habe ich mir mehrfach anhören müssen.“

In welchen Bereichen ihm in

den letzter Zeit besondere inhaltliche Probleme gemacht wurden, mochte Büllesbach gestern nicht sagen, um nicht nach dem Prinzip „verbrannte Erde“ zu handeln. Nur soviel: „Im Prinzip waren das alle senatorischen Dienststellen.“

hbk

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