piwik no script img

Press-SchlagMal Trash, mal Soap

■ Die BL-Exposition ist überstanden

Acht von 34 Spieltagen entsprechen dem, was im Film die Exposition ist. Genre und Stil sind angelegt, das Publikum kennt die Akteure, ihre Ziele und Probleme. Die Bundesliga versammelt wöchentlich 18 Filmversuche zum Festival der Zwischenbilanz. Die beliebtesten Genres der Saison: Trash und Soap.

Für jene, die dabei Dramatik schätzen, die aus großer Fallhöhe entsteht: Voilà, der FC Bayern – Dilettantismus auf hohem Niveau. Die Akribie, mit der die Münchner an ihrer eigenen Demontage arbeiten, ist spätestens durch das 0:3 in Bremen als ihr zentraler Konflikt der Saison etabliert. Beim FC Bayern hat sich alles versammelt, was Rang und Namen hat. Doch bislang ist diese Reißbrettkonstruktion mißlungen wie „Das Superweib“.

Am anderen Ende des Spektrums ist die Liga wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Die Akteure des MSV Duisburg oder des FC St. Pauli stehen denen der Fernsehserie in ihrer Begrenztheit wenig nach. Wüßte man es nicht besser, müßte man vermuten, die Teams seien bei Krupp in der Kantine oder in einer Kellerkneipe auf dem Kiez gecastet worden. Schade nur, daß im Fußball die Allerschlechtesten nicht Quotenkönige werden, sondern rausfliegen.

Ein Qualitätsprodukt gibt es auch: Der VfB Stuttgart bietet das perfekte Mainstream-Kino. Ein Regisseur mit Talent, ein atemberaubend temporeicher Auftakt und hinreißend gute Akteure. In ihrer Genialität sind sie nur einmal, vor Wochenfrist, an Düsseldorf gescheitert. Das Low-Talent- Team der Fortuna hat inklusive des jüngsten Sieges über die Gladbacher mit sechs Toren (!) 13 Punkte (!) errungen und belegt damit Platz acht (!). Wenn das so weitergeht, erreicht Fortuna internationale Ränge. Das wäre, als würde der Düsseldorfer „Tatort“ bei den Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt. Die Destruktion als Spielmaxime führt in der Bundesliga allerdings leider nicht zur Absetzung.

Beim VfB folgte auf den Rückschlag gegen Düsseldorf exakt, was die Dramaturgie fordert: der Wendepunkt. Hier in Gestalt eines 5:2 bei München 1860. Im Film sind solche Momente wegweisend. Wir wissen nun, die Helden sind voller Tatendrang und werden viele Abenteuer bestehen – bis zum nächsten Wendepunkt.

Bei manch anderer Bundesliga-Inszenierung hat die Exposition allerdings gehakt und läßt uns rätseln. Wie wendet sich die Independent-Produktion in Freiburg, wie das Einpersonenstück in Gladbach? Hat sich Schalke mit seinem Blockbuster aus dem Vorjahr schon verausgabt? Und wird in Dortmund mit glamourösen Etats etwa nur die sturzbiedere „Lindenstraße“ aufgeführt? Katrin Weber-Klüver

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen