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Magistrat pfeift Krams zurück

■ Die Privatisierung der Bremerhavener Stadthalle ist erstmal auf Eis gelegt worden

Die geplante Privatisierung der Stadthalle Bremerhaven ist vom Magistrat erstmal auf Eis gelegt worden. Am Mittwoch abend haben die Magistratsmitglieder nach Informationen der taz einstimmig beschlossen, den jetzigen Geschäftsführer Hans-Jürgen Krams sofort davon zu entbinden, weitere Verhandlungen mit der Ditzen-Gruppe (Bremerhavener Nordsee-Zeitung u.a.) und der Bremer Beck's Brauerrei wegen der Privatisierung zu führen. Die Magistratsmitglieder wollen abwarten, bis ein ausführliches Kosten-Nutzen-Gutachten vorliegt. Erst dann wollen sie entscheiden, ob die Stadthalle in Bremerhaven privatisiert wird. Für den Fall einer Entscheidung pro Privatisierung erwägt der Magistrat eine öffentliche Ausschreibung.

„Das ist einfach fantastisch“, jubelt Karin Bober von der ÖTV. „Manchmal hat Ausdauer eben doch Erfolg.“ Gemeinsam mit dem Betriebsrat der Stadthalle hatte sie sich monatelang gegen die Konditionen, zu denen die Stadthalle privatisiert werden sollte, gewehrt. Ein Vertragsentwurf sah unter anderm vor, daß die neuen Betreiber die Stadthalle zu einem Minimalpachtzins von höchstens 20.000 Mark pachten sollten. Eine Beteiligung an den Modernisierungskosten von etwa 30 Mio., die zum Teil von der Öffentlichen Hand bezahlt worden waren, sah der Vertragsentwurf ebenfalls nicht vor.

Stattdessen wollten sich die zukünftigen Betreiber ihre Verluste durch eine Ausfallbürgschaft von jährlich 200.000 Mark aus der Stadtkasse absichern lassen. Etwa fünf bis sieben Beschäftigte der Stadthalle wollten die neuen Betreiber übernehmen – der Rest sollte bei der Stadt bleiben. Geschätzte Personalkosten in den ersten zwei Jahren: 2,3 Mio. (siehe taz 2.7.). Die Interessensausgleichsverhandlungen mit den übrigen Beschäftigten hat der Magistrat ebenfalls gestoppt.

Für den jetzigen Geschäftsführer Krams ist der Beschluß des Magistrats ein Schlag ins Kontor. Gemeinsam mit der Ditzen-Gruppe und Beck wollte er die Geschicke der Stadthalle künfig als geschäftsführender Gesellschafter leiten. „Ich lehne jede öffentliche Diskussion über die Privatisierung der Stadthalle ab“, hatte er sich stets gegen eine Stellungnahme verwahrt. „Das ist ein Geschäft zwischen mir und dem Magistrat.“ Daß dem nicht so ist, hat der Magistrat jetzt noch in anderer Hinsicht bewiesen. Ende November hatte der Stadthallen-Aufsichtsrat den Vorsitzenden Lemke (SPD) und seinen Stellvertreter Schenk (CDU) damit beauftragt, die Privatisierungsverhandlungen voranzutreiben und sie möglichst zum 1. Dezember abzuschließen.

Außerdem strich der Aufsichtsrat Krams eine entscheidende Klausel aus dem Arbeitsvertrag: Bei seinem Ausscheiden sollte Krams im Falle der Dienstunfähigkeit sechs Monatsgehälter bezahlt bekommen. Der Aufsichtsrat beschloß den Passus der Dienstunfähigkeit zu streichen und wollte Krams in jedem Fall sechs Monate nach seinem Ausscheiden versorgen. Auch dem hat der Magistrat einen Riegel vorgeschoben: Nach Angaben eines Magistratsmitgliedes erklärte der Magistrat den Beschluß für ungültig.

Für den plötzlichen Sinneswandel gibt es seiner Meinung nach eine einfache Erklärung: „Wir haben schlicht und einfach die Notbremse ziehen müssen. Es ist rechtlich gar nicht zulässig, Krams als Geschäftsführer mit den Verhandlungen zu betrauen. Außerdem sind einige Leute jetzt endlich wach geworden.“ kes

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