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■ VorschlagMagier des Lichtbildes: Heinz Hajek-Halke im Haus am Waldsee

Weite Strecken seines fotografischen Werkes erscheinen wie eine Huldigung an das andere Geschlecht: weibliche Gesichter und Akte – ohne Anzüglichkeit, aus bewundernder Distanz. Ein anderes Leitmotiv betrifft den technischen Aspekt. Kaum ein Schwarzweiß-Foto ist bloße Kameraaufnahme, meist handelt es sich um Belichtungsmontagen. Ein nackter Frauentorso, quer über eine leere Straße zwischen palaverndes Männertrio und Automobile gespannt, ergibt „Die üble Nachrede“, ein singender Frauenkopf über klavierspielenden Händen „Der Gassenhauer“. Autor dieser phantasie- Heinz Hajek-Halke: „Katharina vollen Lichtkompositionen ist HHH, geb. Bayer“ Abb.: Katalog der Berliner Fotograf Heinz Hajek-Halke (1898 bis 1983), der kurz vor der großen Retrospektive in Hamburg in einem Überblick im Haus am Waldsee vorgestellt wird. Der Autodidakt war in der Weimarer Republik Presse- und Werbefotograf, zog sich während der Nazizeit zurück und lehrte nach dem Zweiten Weltkrieg an der HdK. Die rund 300 Fotos umfassende Werkschau ist mit Hilfe des Fotografen Michael Ruätz zustande gekommen, der den Nachlaß von Hajek-Halke verwaltet.

Im Zentrum der Ausstellung stehen neben wenig bekannten Dokumentarfotos für die Flugzeugfirma Dornier und naturkundlichen Fotostudien die frühen, auch für den Werbebereich genutzten Bildmontagen, darunter seine berühmte Reihe der eleganten Schwarzweiß-Akte mit der Silhouette einer hellhäutigen Frau, die durch Belichtungsmontage in spiegelbildlicher Anordnung als dunkelhäutige verdoppelt erscheint. Als magische Lichtbilder erweisen sich auch seine Fotogramme und Lichtgraphiken, die er in den 50ern im Rahmen von Otto Steinerts Ausstellungen über subjektive Fotografie zeigte und die in enger Nachbarschaft zum zeitgenössischen Informel in der Malerei stehen.

In bewußter Weiterentwicklung der Bauhaus-Experimente arbeitete er direkt auf Negativ oder Glasplatten, entwickelte „diaphane Kollagen“, „Ruß-Luzidogramme“ oder „Tusche-Luzidogramme“, nutzte Pflanzensamen, Klebstoffe, Wachs oder gequetschte Farben sowie aus Radspeichen gebogene, sich bewegende Drahtplastiken. Seine kameralosen Bilder ergeben phantastische Landschaften, märchenhaft-submarine oder bizarre außerplanetarische Welten, die „Schwarze Sonne“, „Angsttraum“ oder „Das Ende des Atomzeitalters“ heißen. Manchmal erinnern sie auch an Felsritzungen oder an Kalligraphien. Michael Nungesser

Bis 18.1. im Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30

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