: Magdeburg: Alle Falschangaben richtig
■ Zurückgetretene Minister verteidigen ihre Bezüge
Magdeburg (taz) – Zu Beginn gab es Sekt, die 100. Sitzung des Finanzausschusses im Magdeburger Landtag wollte begossen sein. Dann wandten sich dessen Mitglieder weniger heiteren Dingen zu. Noch immer ist der Ausschuß mit der Aufarbeitung der Gehälteraffaire beschäftigt, über die im November die Landesregierung stürzte. Dabei waren nur Regierungschef Werner Münch sowie drei seiner West-Minister betroffen. Die sollten gestern angehört werden.
Doch Münch weigerte sich zu kommen. Der Ausschuß, so beschied er dessen Vorsitzenden Wolfgang Schäfer (SPD), möge ihm seine Fragen gefälligst schriftlich vorlegen, er werde sie dann ebenso beantworten. Auch der frühere Sozialminister Werner Schreiber (CDU) kam nicht. So traten der frühere Innenminister Hartmut Perschau und Ex-Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) vor den Ausschuß – und fühlten sich neuerlich ungerecht behandelt.
Als er 1991 nach Sachsen-Anhalt gerufen wurde, hatte ihm Münch volle Bezahlung nach Westtarif zugesagt, betonte Perschau. Um so erstaunter sei er gewesen, als ihn im März 92 ein Brief des Finanzministers erreichte, er solle seine früheren Bezüge offenbaren, um nachzuweisen, daß er sein Westgehalt in Sachsen-Anhalt auch zu Recht bekomme. „Ich habe meine Diäten als Europaabgeordneter angegeben, meine steuerfreie Aufwandsentschädigung sowie monatliche Tantiemen als Aufsichtsratsvorsitzender“, sagte Perschau. Das Finanzministerium habe keine seiner Angaben beanstandet. Was dann allerdings die Bezügestelle der Berechnung seines Gehaltes zugrunde gelegt habe, sei „wirklich abenteuerlich“, fand der Ex-Minister. Perschau kündigte ebenso wie Horst Rehberger an, gegen die Gehaltsrückforderung des jetzigen Finanzministers Joachim Kupfer vor den Kadi zu ziehen. Rehberger fühlte sich von seinem Parteivorsitzenden Peter Kunert einmal mehr „verraten und verkauft“ und schilderte erneut, wie Kunert ihn mit falschen Versprechungen zum Rücktritt bewegt habe, der den Sturz der Regierung Münch einläutete.
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