■ Standbild: Männertriebe
„Jagdträume – Traumjagden“, Mi., 21.45 Uhr, ARD
Die Eröffnungsszene wird gleich zum Menetekel: Aus nächster Nähe knallen zwei Jäger einen dicken Bären ab und fallen sich mit feistem Lachen in die Bruderarme. So hätte es weitergehen können, mit journalistischen Blattschüssen aus der Hüfte auf eine moralisch leichte Beute. Doch die Autoren Mario Damolin und Bernhard Kilian wollten nicht Ceaușescu nacheifern, der im geheizten Hochsitz auf jene Bären wartete, die ihm seine Paladine mit Fleischködern vor die Flinte schoben.
Damolin und Kilian entfalten mit nüchternem, scharfem Blick ein dichtes Panorama von Männer- und Machtphantasien. Ohne Häme lassen sie Jäger zu Wort kommen, wie Hubertus: „Da ist die Beute – die will ich haben.“ Später kämpft er mit den Tränen: „Daheim gehe ich die Geweihe durch und bin wieder jung.“ Die Kamera zieht geduldig mit auf die Pirsch. Kritik blitzt in pointierten Zwischenrufen auf: „Selbstinszenierung, Selbstliebe, Selbsttäuschung, Omnipotenz.“
Im Kontrast die Rückblende auf die Jagd des Diktators und die stehengebliebene Zeit im heutigen Rumänien. Bauer Joschka erzählt, wie ihm ein Bär das Gesicht zerfraß. Ein reicher Ami wird im Rollstuhl zur Jagd eingeflogen.
Die Autoren outen sich sogar selbst, filmen die Fahrt zu den Jagdgründen in melancholisch verhuschten Braunbildern: „300 Kilometer Bulgarien. Bilder jagen vorbei. Im Kopf die Jagd nach Jägern, die Faszination von Bildern, die Jagd nach Einschaltquoten.“ Die mediale Selbstreflexion können sie sich leisten, denn ihre Dokumentation über Männertriebe in der freien Wildbahn des Postkommunismus ist souverän, spannend und sinnlich illustriert. Dieter Deul
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