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Männer als Köpfe, Frauen als Körper

■ »Die Frau im (Zerr)Spiegel der Medien« — eine Talkshow zum Auftakt der Ostberliner Frauenwoche/ Die feministische Entdeckung des Abends: 'Super‘-Chefredakteurin Eva Kohlrusch

Mitte. Sechs Frauen und zwei Männer, vier Ossis und vier als JournalistInnen gen Osten geschickte Wessis, schwitzen unter den TV-Scheinwerfern im »Club von Berlin«. »Die Frau im (Zerr)Spiegel der Medien« heißt das offizielle Thema des vom Unabhängigen Frauenverband organisierten »frauenpolitischen Aschermittwochs«, über das sich gar bald ein zweites lagert: »Die Ossis im (Zerr)Spiegel der Westmedien«. Schließlich wurden fast alle Ostmedien entweder gemein ausgeknipst, aufgekauft oder werden heute von Westchefs regiert. Lebendes Beispiel ist die Talk-Runde selbst, beinhaltend nämlich Matthias Greffrath, Chefredakteur der 'Wochenpost‘, Carola Sommerey, Hörfunkintendantin des MDR, und Eva Kohlrusch, die von der 'Bild‘-Vizechefin zur 'Super‘-Autorin changierte. Doch diese wollen keinesfalls die bösen »Kohlonisatoren« sein, sondern werben ihrerseits um Verständnis für die Unterdrückten. Greffrath fordert immer wieder ein, daß die Ostler und die Frauen ihr Verlangen so formulieren müßten, daß die Westler und die Männer ihre eigenen Interessen darin wiederentdecken könnten.

West-Ost-Verhältnis als Mann-Frau-Verhältnis?

Der Super-Feminist wird nur noch übertroffen von der 'Super‘-Feministin Eva Kohlrusch. Sie findet, daß das West-Ost-Verhältnis dem Geschlechterverhältnis gleiche: So wie Frauen sich in den fremden Ritualen der dominierenden Männerwelt kaum zurechtfänden, so hörten die Ossis derzeit von den Wessis immer nur, wie alles besser zu machen sei.

Linke Feindbilder über Super- Verräterinnen stürzen hörbar zusammen: Die 'Super‘-Frau hat einfach recht. Auch in ihrem eigenen Blättchen, sagt sie, kämen »Frauen entweder gar nicht vor oder nackt, sie sind entweder Opfer und vergewaltigt worden oder haben im Preisausschreiben gewonnen«. Männer kämen mit ihren Köpfen in die Zeitung, Frauen mit ihren Körpern, »Männer unterhalten sich über die Welt mit dem Verstand, Frauen sind das Körperliche, Naturhafte«. Sie zitiert eine Untersuchung des Deutschen Journalistinnenbundes: In der 'Welt‘ beispielsweise seien in einer ganzen Woche nur drei Frauen beschrieben worden: »Eine Puffmutter, eine in die Psychiatrie Eingelieferte und eine Senatorin.« Seltsam nur, daß 'Super‘ bei so viel geballter Kritik nicht längst zum feministischen Zentralorgan wurde. Eva Kohlrusch, die bei 'Bild‘ »jahrelang gegen die nackten Busenmädchen« anrannte, gibt durchaus zu, wo sie inzwischen ihre inneren UNO-Friedenstruppen postierte: »Wenn ich jeden Tag die Busen in 'Super‘ sehe, schiebe ich das den Männern zu: Wessen seid ihr bedürftig? Wie lächerlich seid ihr, daß ihr sowas braucht?«

UFV-Pressesprecherin Marinka Körzendörfer mag sich damit jedoch keineswegs zufrieden geben: »Das fällt doch auf uns Frauen zurück. Die Gewalt gegen Frauen wächst besonders im Osten.« Gleichzeitig habe der UFV große Schwierigkeiten, Frauenthemen oder auch seine Presseerklärungen in die Medien zu hieven. »Aber deswegen«, sagt sie, »schreibe ich mir die nicht auf den nackten Busen.« Ute Scheub

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