Die Vorschau: Mädchen haben Rhythmus...“
■ Heldin Nr. 37775 – ein Konzert pflegt den Humor der derberen Sorte
Früher, als jung sein noch geholfen hat, fielen die Haare lang und flauschig, und das Headbangen verschonte keinen Halswirbel. Damals gab es nur zweierlei: Entweder man war für „Kiss“oder für „AC/DC“. Beides zusammen ging nicht. „Kiss“-Fans waren Schnösel. Echte „AC/DC“-Rocker aber gröhlten „it's a long way to the top, if you wanna rock'n roll“. Dazu spielte man Luftgitarre zum Dudelsack-Solo.
Jener wahre Geist scheint heute nur noch in Siegen überlebt zu haben. Von dort nämlich kommen die drei Frauen und zwei Männer von „Bons Cottze“. Diese überzeugendste alle Cover-Bands zeichnet sich nicht gerade durch penibel-werktreue Interpretationen aus. Aber sie bringt jene Emphase auf die Bühne, die einst den originalen Sänger nach mehr Helium japsen ließ.
Bon Scott, der Namensgeber, erstickte seinerzeit am Erbrochenen. „Bons Cottze“huldigt ihm heute mit traditionellen 4/4-Rhythmen und liebevollen Übersetzungen seiner „AC/DC“-Programme. Aus „Walk all over you“wurde „Latsch voll über dich“und aus „Girls got Rhythm“ein naheliegendes „Mädchen haben Rhythmus“. Die Original-Deuschmacher unseres lokalen Radiosenders können dagegen jedenfalls einpacken. Wenn Tina ihre Felle drischt, Hennys Dosenbierorgan erklingt und Nicky die Gitarrenfront mit Lolek und Bolek dirigiert, wird jeder wissen, was das Siegerland an coolen Frauen zu bieten hat.
Andere Härten beweisen der Hamburger Kiez und die zweite Band des Abends: Die Four-Lady-Band „Schlampen Ficken Besser“klingt provokant und sieht auch so aus. In St. Pauli ist alles etwas abgeschmackter, und die Kostüme müssen ganz schön verrückt sein, damit die rechte Partylaune keimt. Aber endlich gibt es mal richtige Gogo-Boys zu sehen, und der Punk soll nach Punk klingen, auch wenn die Weiber zuzeiten mehr als drei Akkorde geübt haben. Für zarte Gemüter ist das nichts, was Viola Bastards, Violence 1000, Money Fux und Schwertleute mit breitem Grinsen unter „Riot-Girl-Fick“verstehen. Es wird vielleicht hübsch anzusehen sein, wie die Schlampen vor arglosen AC/DC-Fans in Schuluniformen aufrocken. Aber es gibt einen schlimmen Kater für alle, die solchen Spaß verstehen. Helene Hecke
Schlachthof Magazinkeller, Freitag, 6. Februar, 21 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen