: „Made in China“ – alles bestens?
betr.: „Zeit der Scheinheiligen“, taz vom 19. 12. 00
Zweifelsohne gibt es in China auch moderne Spielzeugfabriken, deren arbeitstechnische Standards Weltniveau entsprechen. Ich habe selbst eine solche Fabrik in der Provinz Dongguan gesehen. Von einem Besuch beim „nach eigenen Angaben zweitgrößten chinesischen Spielzeughersteller Best Lock“ auf weite Teile dieser Branche zu schließen, was die Überschriften und die Polemik des Artikels nahe legen, ist jedoch abenteuerlich.
Zwar wird am Ende des Artikels kurz auf die neuesten Untersuchungsergebnisse des Christlichen Industriekomitees aus Hongkong hingewiesen, denen zufolge die Arbeitsbedingungen in Fabriken, die Disney-Artikel produzieren, sehr schlecht seien, aber im Grunde, so die Botschaft, braucht sich der Konsument über Spielzeug „Made in China“ keine Gedanken zu machen. Dass dies anders ist, dass extrem lange Arbeitszeiten, hoher Arbeitsdruck, Unterschreitung der durchweg niedrigen Minimallöhne, unzureichender Arbeitsschutz, schlechte Unterbringung der meist jungen Arbeiterinnen in vielen Spielzeugfabriken Chinas an der Tagesordnung sind, wissen wir seit vielen Jahren nicht nur aus Berichten von Nichtregierungsorganisationen aus Hongkong, die Vorortrecherchen durchführen, sondern auch aus Berichten über die Inspektion von Niederlassungen internationaler Spielzeugkonzerne, die viele der „üblichen Verdächtigungen“, gegen die Blume polemisiert, bestätigen. Misereor engagiert sich seit vier Jahren für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der asiatischen Spielzeugindustrie. Wir haben nie zu einem Boykott chinesischen Spielzeugs aufgerufen. Wir fordern allerdings, dass grundlegende Arbeits- und Sozialstandards, wie sie international, aber auch im chinesischen Arbeitsrecht festgelegt werden, von den Produzenten und Lieferanten der europäischen Spielwarenindustrie eingehalten werden. Ob und in welchem Maße dies geschieht, sollte von unabhängiger Seite aus kontrolliert werden.
KLAUS PIEPEL, Bischöfliches Hilfswerk e. V.
Misereor-Abteilung Entwicklungspolitik
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