Kommentar: Machtlos an der Macht
■ Warum es Fischers Außenpolitik nützt, wenn Grüne nur gegen sie demonstrieren
Hamburgs GALierInnen taten nur, was sie immer taten: für den Frieden auf die Straße gehen. Die Ablehnung, die ihnen bei der Demo am Samstag entgegenschlug, stieß bei den Grünen auf Unverständnis. Doch was ihnen jahrelang WählerInnenstimmen bescherte, reicht heute nicht mehr aus. Denn die Grünen sind nicht mehr in der Opposition, sondern als Regierungspartei an der Macht.
Ihren Skeptikern wollten sie früher weismachen, sie bräuchten eben diese Regierungsmacht, um sie für eine fortschrittliche Politik zu nutzen. Doch statt die Entscheidungsgewalt wie angekündigt einzusetzen, tun die KriegsgegnerInnen mit Parteibuch nun lediglich auf einer Demonstration ihre Mißbilligung kund. Und sind noch beleidigt, daß ihnen niemand dafür Anerkennung zollt.
Auch der Verweis der KriegsgegnerInnen auf den grünen Sonderparteitag im Mai kann nicht über ihre Passivität hinwegtäuschen. Denn selbst wenn es dort zur Spaltung der Partei kommen sollte, werden zu dem Zeitpunkt schon hunderte Bomben auf Jugoslawien niedergegangen sein.
Wer wirklich gegen diesen Krieg ist, muß der grünen Außenpolitik die Legitimation entziehen – etwa durch den Austritt aus der Partei. Oder die persönliche Mitarbeit an der Regierungspolitik verweigern – etwa indem FunktionsträgerInnen ihre Geschäfte ruhen lassen. Statt dessen auf einer Anti-Kriegsdemo grüne Fahnen zu schwenken, unterstützt Joschka Fischers Außenpolitik sogar. Weil es das Image der Partei und dadurch die Hoffnung der WählerInnen aufrechterhält. Elke Spanner
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