: Macht & „Tandemlösung“
■ CDU-Ministerpräsident Wagner muß sein Amt an den CDU-Landeschef Wilhelm abtreten
Mainz (taz) - Nach den Wahlniederlagen in Niedersachen und NRW steckt auch die CDU in Rheinland-Pfalz tief in der Krise: Zur nächsten Landtagswahl 1991 darf der jetzige Mainzer Ministerpräsident Carl-Ludwig Wagner zwar noch einmal als CDU-Spitzenkandidat auftreten, muß aber im Falle eines CDU-Wahlsiegs seinen Stuhl an den ehrgeizigen Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes, Hans-Otto Wilhelm, abtreten. So der Kompromiß, der gestern in Mainz bekannt wurde, und den die CDU beschönigend „Tandemlösung“ nennt.
Wie das Duo Albrecht/Süssmuth in Niedersachsen, so gilt auch das „Tandem Wagner/Wilhelm“ als Notbremse auf der Talfahrt der CDU in Kanzler Kohls Heimat. Kohl selbst kümmerte sich um die Mainzer Krise und traf dreimal mit Wagner und Wilhelm zusammen.
Wagner, dem Parteifreunde einen Mangel an Führungsqualitäten nachsagen, sträubte sich dabei vergebens gegen seine Ablösung und den damit verbundenen Gesichtsverlust.
Auch der in der Bundes-CDU degradierte Heiner Geißler war als Wagners Nachfolger im Gespräch. Doch Geißler winkte in mehreren Interviews ab. Der Mainzer 'Allgemeinen Zeitung‘ sagte er, die langwierigen Personaldiskussionen der CDU müßten ein Ende haben, sie seien „lebensgefährlich und schädlich“ für die Partei.
Indes bleibt auch der jetzige CDU-Kompromiß umstritten. So tragen Christdemokraten Wilhelm heute noch nach, daß er im November 1988 den hoch angesehenen „Landesvater“ Bernhard Vogel aus dem Parteivorsitz und dem Amt des Ministerpräsidenten herausdrängte.
Die Folge: eine Austrittswelle aus der CDU, die nun - nach Wagners Sturz - die CDU erneut zu unterspülen drohe, meinen kritische Christdemokraten.
jow
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