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Archiv-Artikel

MODELL KOHL

Anders als Brandt hatte Helmut Kohl, als er am 17. Dezember 1982 die Vertrauensfrage stellte, eine Mehrheit. Durch den Seitenwechsel der FDP war Kohl am 1. Oktober durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt mit 21 Stimmen Mehrheit neuer Kanzler geworden. Die neuen Koalitionäre wollten ihr Bündnis durch Neuwahlen jedoch legitimieren lassen. Doch Bundespräsident Carl Carstens, Jurist und Staatsrechtler, hatte große Bedenken gegen diese „unechte“ Vertrauensfrage. Diese wuchsen, als der Bundestag mit der Mehrheit der neuen Koalition einen Tag vor der Vertrauensfrage den Haushalt verabschiedete. Gemäß einer Koalitionsabsprache enthielten sich Unions- und FDP-Fraktion mehrheitlich, die SPD stimmte mit Nein. Wie erwünscht verlor Kohl. Nach 20 Tagen löste Carstens den Bundestag auf und begründete dies damit, dass „eine handlungsfähige parlamentarische Mehrheit zur Unterstützung der Regierungspolitik“ nicht mehr vorhanden sei. Vier Abgeordnete zogen daraufhin vor das Bundesverfassungsgericht, da sie ihre Rechte verletzt sahen. Am 16. Februar 1983 wies das Gericht die Klage trotz Bedenken ab. Der Weg zu Neuwahlen war frei.