piwik no script img

MELKMUSIKAUSDENUSA

UNSEREMILCHMÄNNERLEBENNOCH  ■  THE DEAD MILKMEN

Was halten amerikanische Blödelpunks vom Golfkrieg? Rodney A., Sänger der Dead Milkmen aus Philadelphia, verrät es in der jüngsten Ausgabe des Spex- Magazins: »Es ist der Exxon-Krieg! Und dies ist unsere Wir-haben-nichts-zu- suchen-im-Mittleren-Osten-Tour. Saudi Arabien ist keine Demokratie! Warum verschwenden wir unsere Zeit, es zu verteidigen? Aber die meisten Leute sehen keine Nachrichten und lesen keine Zeitung. Sie denken, wir sind da, um ein paar verrückten Scheichs in den Arsch zu treten. Was Amerika braucht, ist, einen Krieg zu verlieren. Aus einem verlorenen Krieg entsteht meist etwas Gutes.«

Das Statement zeigt die Weltsicht dieser Kombo, die durch abweichende Benennung der Realität und provokante Schlußfolgerungen die versteckten Mechanismen des Irrsinns aufdeckt. Diese Fähigkeit hat ihnen seit Mitte der 80er Jahre sehr gute Verkäufe von fünf Lps eingebracht, wohl meist an Leute, die sich selbst weder dem Mainstream noch dem wahren Underground in Denken und Musikgeschmack zurechnen.

Die Songs der Dead Milkmen sind im Grunde simple Spielarten von Rock'n'Roll, Punk und Folk. Sie klingen nur leicht angeschrägt, swingen eher lockig flockig daher. Die Texte teilen Hiebe aus gegen den versauten Musikgeschmack der Amis, verschuldet durch das ewige Gesülze in den Radiostationen, gegen die Romantiker, die der Illusion der Liebe hinterherrennen und noch darüber singen, gegen Kids, die ihr letztes bißchen Hirn und Geld in Einkauf und Modestyling investieren.

Wahrlich kein großes Umsturz-Programm, eher zynisch-bissige Kommentare, vom Standpunkt der Schadenfreude zielsicher gespuckt. Motto: Wir haben es ja gewußt, Ihr habt nicht auf uns gehört, das habt Ihr nun davon! Schon lange vor dem Golfkrieg, im Juni letzten Jahres, verteidigte Rodney A. seine Band in einem Midwest-College-Magazin gegen Albernheitsvorwürfe: »Das kümmert mich nicht. Die Leute sollen uns auslachen. Ha, ha, ha. Aber wenn ihr gezwungen werdet, die Gräben für unseren imperialen Palast auszuheben, werden wir es sein, die lachen.« Die Dead Milkmen sind weise, wie alte Clowns. Schwalbe

UM21UHRIMECSTASY

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen