: Luxusleitung durch die Ostsee
Erster Spatenstich: Durch die neue Gasleitung auf dem Meeresboden kann Russland seine Gewinne maximieren, indem es die osteuropäischen Nachbarn umgeht
BERLIN taz ■ Gestern startete im russischen Babajewo der Bau einer neuen Gaspipeline von Russland nach Deutschland. Bis 2010 soll die vier Milliarden Euro teure Versorgungsleitung fertig gestellt sein. Der größte Teil der 1.200 Kilometer langen Pipeline verläuft durch die Ostsee – das Bauwerk wird von der russischen Gasprom sowie von BASF und Eon finanziert.
Das umstrittene Projekt wurde noch von Exkanzler Schröder und dem russische Präsidenten Putin eingefädelt. Bezweifelt wird die wirtschaftliche Notwendigkeit und die Trassenführung. „Die Pipeline ist eine Fehlinvestition, weil die dortigen russischen Gasfelder ab 2010 nur noch fallende Erträge liefern“, sagte Hans-Josef Fell der taz. Der energiepolitischer Sprecher der Grünen ergänzte: „Die bestehenden Pipelines durch die Ukraine und Weißrussland würden völlig ausreichen.“
Gegen die neue Meeres-Pipeline haben sich auch Litauen und Polen gewehrt. Sie fühlen sich erpressbar, weil ihre Energieversorgung fast ausschließlich von Russland abhängt. Daher soll die Pipeline durch mehrere Länder verlaufen, um sicherzustellen, dass Russland in einer Krisensituation nicht einfach den Öl- und Gashahn zudrehen kann. Russland hat der Ukraine bereits gedroht, im nächsten Jahr den Gasdurchfluss zu reduzieren.
Von ihrem Alleingang profitieren Deutschland und Russland gleich mehrfach: Für einen oberirdischen Verlauf hätten sie Grundstücke kaufen und Durchleitungsgebühren bezahlen müssen – Kosten, die auf dem Meeresboden nicht anfallen. Die direkte Anbindung an den mitteleuropäischen Markt sichert Russland zudem einen maximalen Gewinn für seine schwindenden westsibirischen Gasvorkommen. Denn die Supermacht ist nicht gezwungen, das Gas zu niedrigeren Preisen an die Nachbarn in Osteuropa zu verkaufen.
TARIK AHMIA