: Lübeck verpuzzelt sich
Kiel erledigt mit dem 3:0-Erfolg über Lübeck auch den letzten Spitzenverein auf seiner Strichliste und erklimmt wieder die Tabellenführung. In Lübeck sorgt sich Trainer Böger über die um sich greifende „Gelbsucht“ in seinem Team
Falls Peter Gagelmann gehofft hatte, dass es für ihn ein leichtes Spiel werden würde, dieses Regionalliga-Spitzenspiel zwischen dem VfB Lübeck und Holstein Kiel, falls er wirklich Hoffnungen hatte, musste er diese schon in der Anfangsphase begraben. Spätestens als er nach wenigen Minuten das Spiel für kurze Zeit unterbrechen musste, weil Kieler Schlachtenbummler Leuchtraketen ins Stadion geschmuggelt und abgeschossen hatten, wusste der 37-jährige Bundesliga-Schiedsrichter, dass es alles andere als leicht für ihn werden würde.
Zwar übertrug sich die überzogene Aggressivität des Kieler Anhangs nicht auf die Spieler, doch auch sie musste Gagelmann immer wieder zur Ordnung rufen.
Vor allem die Lübecker Spieler fühlten sich gelegentlich ungerecht behandelt, so auch in der 55. Minute, als sie nach einem Foul an Riza Karadas auf Elfmeter pochten. Doch Gagelmann verortete das Foul außerhalb des Strafraums. „Wenn er da pfeift, dann muss er Elfmeter geben“, sagte Lübecks Kapitän Rouven Schröder, aus dem wahrscheinlich auch die Ratlosigkeit über die eigene Leistung und die des Gegners sprach.
Nach der Führung durch Michael Molata (27.) hatten sich die Gäste zurückgezogen und in der eigenen Hälfte ein Bollwerk aufgebaut. Lübeck rannte verzeifelt an und musste in der Schlussphase zwei Treffer durch Pavel Dobry (87.) und noch mal Molata (90.) zum 0:3-Endstand hinnehmen, der jede Diskussion über Fehlentscheidungen ohnehin ad absurdum führte.
„Der Spielverlauf erlaubte uns natürlich diesen Konterfußball. Das ist uns in dieser Saison schon häufiger gelungen“, freute sich Trainer Frank Neubarth über den Sieg in der „Höhle des Löwen“. Bis auf wenige Ausnahmen war es ihm in der Hinrunde vergönnt einen festen Stamm an Spielern zu einem eingespielten Ensemble zu formen, dass trotz scheinbar defensiver Ausrichtung die meisten Tore der Liga erzielt hat.
Davon kann Lübecks Trainer Stefan Böger zur Zeit nur träumen. Sieben Stammkräfte musste er gegen Holstein ersetzen, kurz vor Spielbeginn meldete sich auch noch Torjäger Enrico Neitzel verletzt ab. Besonders ärgerlich ist dabei die aufkommende „Gelbsucht“ in seinem Team. Im Derby gegen Kiel, bei dem Möckel und Kampf gelb gesperrt aussetzen mussten, holten sich Dogan, Hirsch und Bärwolf ihre fünfte gelbe Karte ab. „Das Puzzle immer wieder neu zusammenzusetzen hat allerdings auch seinen Reiz“, sagte Böger spitzfindig und versucht der Niederlage das Beste abzugewinnen: „Wir haben heute besser gespielt als in den letzten Wochen.“
Rouven Schröder pflichtet ihm bei: Wir dürfen nicht nur das Ergebnis sehen, sondern vor allem unsere Leistung“, sagte der Kapitän. „Für die nächsten Spiele ist es wichtig, dass wir ein paar verletzte Spieler wiederbekommen und die Hinserie gut zu Ende bringen.“
Das würde auch Stefan Böger gut passen. Der würde nämlich viel lieber wie sein Kollege Neubarth an taktischen Feinheiten feilen, statt Puzzle zu spielen. HENDRIK TERNIEDEN