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Lucky Hollaender

■ Das Altonaer Theater läßt ab Sonntag die Zigarettenschachteln tanzen

Ja, sowas gibt's. Erstmals wird am Sonntag im Altonaer Theater ein kurzes Werbestück aufgeführt, bevor der Vorhang hochgeht zur Friedrich-Hollaender-Hommage In St. Pauli bei Altona. Weil eine überdimensionale Zigarettenschachtel der Marke „Lucky Strike“über die Bühne tänzelt, frohlockt die Presse schon von einer neuen Dimension der Werbung.

Tatsächlich tun sich ganz neue Möglichkeiten für Marketingabteilungen auf – schon weil das Zielpublikum nicht wie beim Fernsehen wegzappen kann oder wie im Kino die Nase in der Popcorn-Tüte vergräbt. Theaterbesucher sind extrem aufmerksam – und meistens gut betucht. Thomas Mumme von der Agentur AP Lintas ist sich der anspruchsvollen Klientel voll bewußt und betont, die Werbeeinlage solle unbedingt Bezug nehmen auf das nachfolgende Stück.

Es ist zwar nicht ganz klar, in welchem Bezug eine pompöse Pappschachtel mit Kippen zu Hollaenders Liedern steht, der Nutzen aber fürs Theater liegt auf der Hand: Kohle. Gerade das Altonaer Theater, das so gut wie gar nicht von der Stadt bezuschußt wird, kann das Geld gebrauchen. Schon zuvor ist die Bühne unter Jung-Intendant Axel Schneider kommerzielle Wege gegangen: Theaterkarten wurden schon mal an Betriebe im Dutzend billiger für das etwas andere Weihnachtsfest abgestoßen, anschließender Restaurantbesuch inklusive.

Ganz neu ist der Schulterschluß zwischen Theater und Werbeindustrie nicht. Schon in den Kammerspielen wurde bei einigen Aufführungen mäßig dezentes Product Placement betrieben, und kaum ein größeres Theaterfestival kommt heute ohne Präsentatoren aus. Trotzdem wird die Kooperation von Altonaer Theater und „Lucky Strike“eher skeptisch beäugt, die Staatstheater wollen diese Idee jedenfalls nicht für sich übernehmen. Vielleicht weil das Ergebnis denn auch nicht so sensationell ist: Vielmehr als die Plakatkosten kommt durch den gespielten Werbespot nicht rein. cbu

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