: Lost in Adaption
Mit „Jugend ohne Jugend“ scheitert Francis Ford Coppola an der Verfilmung eines rumänischen Romans
In dem Roman mag sich das Alles ja ganz faszinierend und brillant lesen. Jorge Luis Borges hat ähnliche fantastische Geschichten geschrieben, in denen die Welt als Vexierbild erscheint, und der Träumer rätselt, ob er nicht der Geträumte ist. Aber kaum ein Regisseur hat sich an die Geschichten von Borges herangetraut, weil diese eher literarische Gedankenspiele als Dramen sind.
Der rumänische Philosoph und Schriftsteller Mircea Eliade hat 1975 mit „Jugend ohne Jugend“ auch solch eine komplexe Reflexion über Realität, Identität und Zeit geschrieben, und Francis Ford Coppola muss dieses Buch so gefesselt haben, dass er über der Lektüre seinen Instinkt als Regisseur verlor. Den dieser Stoff eignet sich einfach nicht für eine Adaption, in der die vielen philosophischen Fragen zwangsläufig nur angerissen und so als intellektuelle Nummernrevue präsentiert werden können.
Die Geschichte beginnt im Rumänien der späten 30er Jahren, als ein 70jähriger lebensmüder Intellektueller von einem Blitz getroffen wird und danach sowohl jünger wie auch ein Genie wird, das alle Sprachen sprechen und den Inhalt eines Buchesmit einem Blick erfasst, der bei Coppola wie das Belichten in einem Fotokopierer aussieht. Die Nazis interessieren sich natürlich für diese menschliche Wunderwaffe, und ein rumänischer Professor kann den Helden im letzten Moment in die Schweiz schmuggeln. Dort wird dieser zunehmend von den Besuchen eines Doppelgängers heimgesucht, und er entwickelt eine Weltformel, die er aber vor der Welt geheim halten muss, weil diese in den Zeiten der Atomkriegs nicht reif für sie ist. In den Bergen triff er eine junge Frau, die wie die Reinkarnation der großen Liebe seiner eigenen Jugend aussieht, aber nach einem weiteren Blitzschlag spricht sie plötzlich in Sanskrit, das unser Held natürlich perfekt beherrscht. Aber während er jünger wurde, altert sie rapide, und so opfert er aus Liebe zu ihr sein großes Forschungsvorhaben, die Erkundung der Ursprache. Schließlich kehrt er, nun wieder als alter Mann nach Rumänien zurück, wo sich die vielen Kreise schließen.
Der Roman hat durchaus epische Dimensionen, umspannt fünf Dekaden und spielt in Rumänien, der Schweiz, Indien und Malta. Nur eine rigorose Kürzung dieses Konvoluts an Themen und Erzählsträngen hätte eine Verfilmung halbwegs verständlich gemacht, aber davon abgesehen fordert solch ein Stoff auch eine Vision und Größe in der Inszenierung, die Coppola völlig vermissen lässt. Von dessen katholischen Fabulierkunst ist nach seiner 10jährigen Schaffenspause nichts zu spüren, statt dessen inszeniert er steif und oft regelrecht unbeholfen. Ein Beleg dafür sind die komischen Momente: die wenigen intendierten (wie ein Scherz über Maltesische Falken auf Malta) zünden nicht, während man sich im Laufe des Films immer mehr über unfreiwilligen Lacher wie das Hakenkreuz auf dem Strumpfhalter einer Naziagentin amüsieren kann.
Der Film erzählt so zersplittert, dass man nie ein Gefühl dafür bekommt, was für ein Mensch der Protagonist ist. Da kann sich Tim Roth in der Hauptrolle noch so sehr ins Zeug legen, und auch Bruno Ganz hat offensichtlich keine Ahnung, wer der rumänische Arzt überhaupt ist, den er da spielen soll. Leid kann einem aber Alexandra Maria Lara tun, denn sie verkörpert nacheinander eine rumänische Dame, einen Schweizer Twen, eine indische Jüngerin Buddhas, eine babylonische Besessene, eine grauhaarige Kranke und eine junge Mutter. Das ist keine Rolle sondern ein Potpourri.
Wilfried Hippen