piwik no script img

Lopez unfaßbar

■ Staatsanwalt mit Material überhäuft

Darmstadt/Hamburg Die Darmstädter Staatsanwaltschaft stößt bei ihren Ermittlungen im Fall des VW-Einkaufschefs Jose Ignacio Lopez offenbar allein wegen der Materialmasse an ihre Grenzen. „Die Sache steht am Rande der strafprozessualen Aufklärungsmöglichkeit“, sagte der Sprecher der Anklagebehörde, Georg Balß, der dpa am Dienstag. Die Aktenberge des Falles scheinen kaum zu bewältigen zu sein. Die Staatsanwaltschaft habe bei ihren Untersuchungen wegen des Vorwurfs der Industriespionage rund zwei Millionen Schreibmaschinen-Seiten auszuwerten. Deshalb sei völlig unklar, ob Anklage erhoben werde oder die Ermittlungen eingestellt würden.

Dagegen will die Hamburger Staatsanwaltschaft „innerhalb kürzester Zeit“ über eine Anklage gegen Lopez wegen falscher eidesstattlicher Versicherung entscheiden. Darunter sei eine Frist von zwei bis vier Wochen zu verstehen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Rüdiger Bagger, am Dienstag der dpa. Die Behörde sei aufgrund ihrer Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen, daß mindestens eine eidesstattliche Versicherung Lopez' falsch sei. Nun werde das Verfahren entweder gegen eine Geldbuße eingestellt, oder es ergehe ein Strafbefehl, oder es werde Anklage erhoben. Bagger schloß aus, daß das Verfahren ohne Geldbuße oder wegen Geringfügigkeit eingestellt werden könnte. Dies sei nur möglich bei geringer Schuld oder mangelndem öffentlichen Interesse.

Bei den Ermittlungen in Darmstadt ist nach Darstellung von Balß nicht abzusehen, wann das Material ausgewertet ist, denn mit der Untersuchung sei nur eine einzige Staatsanwältin betraut. „Selbst wenn man zwei oder fünf Leute da dran setzt, muß doch alles in ein Hirn hinein“, so Balß. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft korrigierte Äußerungen von Opel-Chef David J. Herman in der Dienstag-Ausgabe der „Bild“-Zeitung, nach denen Opel-Beschäftigte bei der Anklagebehörde „ zum Beispiel oft sichergestelltes Material begutachten“ müßten. Tatsächlich würden Mitarbeiter des Rüsselsheimer Autoherstellers jedoch als Zeugen herangezogen, um Unterlagen zu identifizieren, sagte Balß.

Die Staatsanwaltschaft in Darmstadt ermittelt seit fast einem Jahr gegen Lopez. Der US-Autokonzern General Motors (GM) und dessen Tochter Adam Opel AG (Rüsselsheim) werfen ihrem ehemaligen Top-Manager unter anderem vor, er habe gemeinsam mit anderen zu VW gewechselten GM-Mitarbeitern Betriebsgeheimnisse nach Wolfsburg mitgenommen. Unabhängig von diesem strafrechtlichen Verfahren ist in Frankfurt auch ein Zivilstreit über die Abwerbung von sieben Managern anhängig. Opel war im Februar vor dem Landgericht mit dem Versuch unterlegen, ein Beschäftigungsverbot gegen die früheren Mitarbeiter durchzusetzen. Dagegen hat Opel inzwischen Berufung eingelegt.

dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen