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Archiv-Artikel

Lokangebote für die Bahnfahrer von morgen

Warum braucht ein Bahnhof eigentlich einen Namen? Mit einer neuen Image-Kampagne erklärt die Bahn Vorschulkindern die Welt des Zugfahrens. Die wissen schon eine ganze Menge – und wundern sich nur, dass der Fahrkartenautomat zwar Türkisch oder Spanisch, nicht aber Schwarzwälderisch spricht

VON BERNHARD PÖTTER

„Nicht über die weiße Linie gehen!“, brüllen Emma und Elena, sobald der Fotograf einen Schritt zu viel macht. Die erste Lektion zum Bahnfahren haben die zwölf Kinder einer Kreuzberger Kita an diesem Morgen am Bahnhof Zoo schon gelernt: Wenn ein Zug einfährt, bleibt man von der Bahnsteigkante weg. Doch wer Bahn fahren will, sollte noch mehr wissen: Beim Einsteigen in den Regionalexpress macht man einen großen Schritt; jeder Erwachsene braucht einen Fahrschein; der Lokführer im Regionalexpress heißt nicht Lokführer, sondern „Triebwagenführer.“ Denn eine Lok ist eine eigene Einheit. Und beim Triebwagen ist der Motor in den Waggon eingebaut. Aha.

Bahnfahren macht also schlauer. Aber die Bahn hat ein Image-Problem. Was tut man dagegen? Bahnchef Hartmut Mehdorn stellt sich einfach vor die Kameras und erklärt, es werde in Zukunft bessere Entschädigungen für Verspätungen geben. Am gleichen Tag zieht Angelika Britz von der Öffentlichkeitsarbeit der Bahn mit einem Schwarm Vorschulkinder durch den Bahnhof. Ihre Mission: den Kunden der Zukunft das „Unternehmen Zukunft“ nahe bringen. Das heißt: erst mal einen Haufen Fragen klären. „Warum hat ein Bahnhof einen Namen?“, „Was bedeutet das Zeichen ‚i‘ ?“, „Woher weiß man, wohin der Zug fährt?“

Die Kinder sind gut informiert. Sie zeigen, dass man auf den Ticket-Automaten verschiedene Sprachen anwählen kann: Englisch, Spanisch, Türkisch. Schwarzwälderisch sucht die 6-jährige Lisa allerdings vergeblich. Sie wissen, wie man ein Schließfach findet – zumindest wenn sie Geschenke darin vermuten. Und Kevin verkündet, dass die Linie am Bahnsteig aus geriffelten Kacheln besteht, damit Blinde sie mit ihrem Stock ertasten können. Das wussten auch die Erwachsenen nicht.

Der Ausflug für die Vorschüler ist eine Premiere. Bisher bot die Bahn diesen Service nur für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren an. Beim „Kindergeburtstag bei der Bahn“ kann das Geburstagskind bis zu sieben Freunde einladen und mit ihnen und einem Bahnexperten Zug fahren, den Bahnhof besuchen und ein Quiz lösen. Dazu gibt es auch noch einen Kuchen – und das Ganze für schlappe 50 Euro. Das Angebot, das es einmal die Woche gibt, läuft gut. „Bis Ende 2004 sind wir ausgebucht“, sagt Angelika Britz, die das Projekt betreut. Bundesweit bietet die Bahn den Service an 12 Standorten an.

Weil die Schulkinder so begeistert waren, können jetzt auch die Vorschüler hinter die Kulissen der Deutschen Bahn blicken. Gleichzeitig bekommt Angelika Britz auch einen Einblick in die Autogesellschaft. „Immer wieder haben wir Kinder zwischen 8 und 12, die noch nie in ihrem Leben Bahn gefahren sind oder in einem Bahnhof waren“, sagt sie. Imagepflege ist also wichtig.

Bei der Bahn gibt es viel zu entdecken. Hier kann man Fahrkarten bestellen und lernen, dass die Züge nicht nach Mallorca fahren. Am Ostbahnhof empfängt Eva Opitz, die Bahnhofsmanagerin, die Kindergruppe. Sie zeigt auf die Überwachungskameras unter der Decke: „Das ist das schwarze Auge des Bahnhofs.“ Und dann nimmt sie die Gruppe mit in die Sicherheitszentrale, wo auf vielen Bildschirmen die Aufzeichnungen der Kameras zu sehen sind. Beim Beamten vom Bundesgrenzschutz nebenan können die 5 und 6-Jährigen noch die letzten Tauben auf dem Bahnsteig heranzoomen. Der Große Bruder gehört für die Kindergartenkids zur Familie.

Auf der Rückfahrt zum Bahnhof Zoo noch ein Highlight: In dem ICE 3 Richtung Hamburg kann man dem Triebwagenführer (Aha!) über die Schulter schauen. Knapp zischen die S-Bahnen und anderen ICEs an unserem Zug vorbei. Am Zoo lehnt sich der Triebwagenführer wie ein guter, alter Lokführer aus dem Fenster, um den Kids zum Abschied zu winken. Angelika Britz hat ihre Mission erfüllt. Begeistert klettern die Vorschulkinder mit ihren weißen Bahn-Mützen, den Linealen, Weingummis und Reflektor-Anhängern aus dem ICE. Und das Image der Bahn hat sich auch bei den Erzieherinnen deutlich verbessert. Schließlich endet das Besuchsprogramm auf die Minute genau. „11.45 Uhr, sehr pünktlich. Die Bahn ist besser als ihr Ruf.“

Infos unter: angelika.britz@bahn.de, Tel. 29 75 32 02. www.bahn.de/pv/view/angebote/subhome/kindergeburtstag_.shtml