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Lokalkoloratur

LOKALKOLORATUR

„Das ist doch nix für Sie“, mußte sich Helmut Ziegler neulich noch in einer HipHop-Disco auf Sylt von einem verständnislosen Kellner sagen lassen. Doch daß den 35jährigen ein paar graue Haare zieren, liegt weder daran, daß er sich zu oft ärgert, noch am Alter. Das Grau sei eher eine Spiellaune der „Genetik“, so Ziegler, der sich gerade in seinen neuen Posten als Chefredakteur der Szene einarbeitet. „Ende der 80er Jahre konnte alles gar nicht hip genug sein, man schielte nur noch nach Moskau oder New York“, meint Ziegler zu sich wandelnden Lesebedürfnissen. Mit „ledig, kinderlos und seit drei Monaten frisch verliebt“ gibt Kollege Ziegler, der das Sat 1-Frühstücksfernsehen mit aus der Taufe hob, als Freier für Spiegel, Zeit und taz schrieb und zuletzt Textchef beim Pay-TV Premiere war, seinen Familienstand an. Die Einsicht, daß nach der Metropolengeilheit der späten 80er nun ein „gewisser Trend zum Regionalen“ auszumachen sei, wird künftig auch für „Hamburgs erste Stadtzeitschrift“ Konsequenzen haben. Ziegler will das Monatsblatt „fester in der Stadt verankern“. Was im Musikbereich gut funktioniere, nämlich „aus der Szene für die Szene“ zu berichten, solle nun auch auf die Bereiche Stadtgeschehen und Politik ausgeweitet werden. Das ist natürlich ganz im Sinne von Szene-Herausgeber Klaus Heidorn. Der hatte sich kürzlich „in gegenseitigem Einvernehmen und mit entsprechenden Abfindungen“, wie man das unter Hanseaten zu nennen pflege, vom bisherigen Chef Tom R. Schultz getrennt. Man munkelt, der habe die geplanten Veränderungen des Blattes nicht genügend vorangetrieben. Das ist aber alles Schnee von gestern, denn die Umwälzung ist jetzt in vollem Gange. So übernahm Nicolaus Schröder das Filmressort von O.E Jauch, der sich fürderhin um sein Filmarchiv kümmern will. Musikchef Christoph Gurk wechselt demnächst in die Chefetage der Spex, und Dennis Mittelmann stieg vom zweiten Platz zum 1. Art Director auf, folglich kann sich die Leserschaft in den kommenden Monaten auf grafische Neuerungen freuen. Ziegler vertraut zumindest auf die bisherige Gestaltung des Programmteils, doch dort wird man leider auch in Zukunft nicht die Termine finden, an denen Ziegler („Lieblingsband immer noch die Pet Shop Boys“) im Sobotnik HipHop-Scheiben auflegt — nach eigenen Worten „fehlerfrei“. jk

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