piwik no script img

Lip-Tricks am Bowl-Rand des Fun-Pools

■ Jugendliche Skater nahmen den ersten Teil der Außen-Anlage am Schlachthof in Besitz / Zwei-Tage-Fest mit 400 Skatern und Skater-Champs

In hohem Bogen knallte der Sektkorken in die Betonkuhle. „Offiziell“ war damit der „Fun-Pool“ vorm Schlachthof seiner Bestimmung übergeben: Als Treffpunkt für jugendliche Skater, Roller und BMX'ler - konsumfrei und vereinsungebunden. Während

Architekt Eberhard Dengler und Kunsterzieher Gerd Suchodolski (beide als ABM-Kräfte im Projekt Schlachthof) mit Presse und Gönnern anstießen, fischten die Youngsters flugs den Korken aus dem Pool, der Discjockey warf die lautstarke Music an - und

schon ratschte das erste Board über die Kante. „Eher Bowl als Pool“ erklärt der 14Jährige Markus fachmännisch. Pools seien nämlich ca. drei Meter tief, das Herzstück der Skater -Anlage am Schlachthof dagegen nur rund 1,75. „Für Airs, bei denen Profis

bis zu drei Metern weit in die Luft fliegen, reicht der Schwung nicht“, erklärt der Neustädter Vereinsskater Carsten.

Torsten Saathof, Bremens bester und auch auf Turnieren erfolgreichster Skateboardfahrer, fährt sich unterdessen warm. Holt

Schwung auf den silbern-bunten Graffitis, die über Nacht das schnöde Beige-Grün belebten. Die Fotografen und Kamerateams stehen bereit. Noch sind es „einfache“ Lip-Tricks: Kunststückchen, die an der aufgewölbten Oberkante des betonierten Pools enden. 30 - 40 Grundtricks lassen sich da lernen, variieren, ausbauen.

Der Fun-Pool, wie die Planer die Anlage nennen, ist deshalb für Anfänger wie Fortgeschrittene. Flutlicht und Stromanschluß für die Cassettenrecorder der Skater (Strom gibt's umsonst) sind installiert: Freestyle-Skater, die ihre kleineren Spezialboards kürmäßig „unter den Füßen spielen lassen“, bringen sich ihre Musik selbst mit. „Nur bei Regen ist's Essig. Dann läuft gar nix“, sagt Felix und wünscht sich ein Dach für den aufstrebenden Sport.

Für den ersten großen Brocken der 80.000 Mark teuren Innenhofgestaltung rund um den Schlachthof hatte besonders der Senator für Arbeit in die Tasche gegriffen. Zum Pool hinauf führt eine Treppe, besonders schwungvolle Skater erstürmen ihn allerdings auch über die vom Pool herabführende „Wave“: An diese Bahn wird in der nächsten Bauphase die „Snake-Run“ angebaut - sie wird sich wie überdimensionale aufgeschnittene Abflußrohre um den Platz schlängeln.

Zum Eröffnungsfest hatte der Skater-Club aus der Neustadt Gerätschaften aufgebaut: Die „Fun-Box“, über deren Rampen von verschiedenen Seiten unterschiedlichste Sprünge möglich werden. Die Neustädter „Quarter-und Half-Pipe“ (deren aufgebogene Steilwände den Wänden des Fun-Pools entsprechen), sind allerdings aus Holz: Architekt Dengler hält sie mit eventuellen Splittern für gefährlicher als den Beton des Fun-Pools, den Torsten Saathoff nach der ersten halben Stunde als „besonders hart“ einstuft (Knie-und Ellbogenschoner wie Helm sind übrigens Pflicht.) In Berlin und Hamburg seien die Pools wegen der vielen Verletzungen schon wieder zugeschüttet, weiß einer der Skater zu berichten.

Während ein nostalgisches „House of the Rising Sun“ über Platz und Imbißbude dröhnt und dunkle Regenwolken sich zusammenballen, üben sich rund 100 Skater zwischen 12 und 20 in „Street-Slide“ an provisorisch aufgebautem Rohrleitungsparcours - um sich auf „normale“ Straßenverhältnisse einzufahren. Tags drauf feiern 400 die Errungenschaft. Skaterfahrende Mädchen sind nicht zu sehen: „Aber sie sind im Kommen. Das Skater-Magazin puscht sie schon...“ erzählt Carsten.

Birgitt Rambalski

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen