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Linksabbieger atmen auf

■ Mühsam nährt sich das Radwegeprogramm: nochmal 400.000 Mark dazu

Noch schauen sich RadlerInnen auf dem Domshof, in der Obernstraße vor Karstadt und auf dem Marktplatz verzweifelt nach Gittern oder Schilderstangen um, an denen sie ihr Rad anschließen könnten – ans Roland-Gitter will man nur ungern ran. Möglicherweise werden die Radlerinnen sich nur noch bis zum Jahresende verzweifelt umschauen. Den spärlichen 800.000 Mark für Radwegesanierung sind nämlich noch 400.000 Mark draufgeschlagen worden, sie stammen aus dem aufgegebenen Modellprojekt „Autoarme Innenstadt“. Wo man das Geld verbauen will, darüber legt die Baubehörde der Deputation heute eine mit dem ADFC abgestimmte Liste vor.

Danach will die Baubehörde 200 „Fahradanlehnbügel ohne Vorderradhalterung“ aufstellen. Als Standorte sind im Gespräch zum Beispiel die Obernstraße vor Karstadt, der Liebfrauenkirchhof, die Marktstraße oder auch die Martinistraße unter den Arkaden des Scandic Crown Hotel.

Das meiste Geld geht jedoch drauf für die erste schnelle und stadtteilübergreifende Velo-Route vom Präsident-Kennedy-Platz im Viertel durch die Innenstadt nach Burg-Grambke, etwa 650.000 Mark. Problematisch sind noch einige Kreuzungsknoten: zum Beispiel die Querung des Herdentorsteinwegs auf Höhe der Contrescarpe. Dort müssen RadlerInnen Straßenbahngleise queren, eine vierspurige Straße und auf beiden Seiten starke Fußgängerströme. Zwischen Hotel Mariott und Contrescarpe soll eine Radfahrerfuhrt angelegt und für die Weiterfahrt zum Hillmannplatz ein Schild mit dem Zusatz „Radfahren erlaubt“ aufgestellt werden. Wenige hundert Meter weiter stehen RadlerInnen allerdings schon wieder vor einem Problem: Die Bürgermeister-Smidt-Straße kann auf der Höhe der Contrescarpe nur illegal gequert werden, Gesetzestreue müssen erhebliche Umwege in Kauf nehmen.

In der nachfolgenden Straße am Wandrahm geht es zwar jetzt schon recht gemählich zu, doch ein sogenannter Suggestionsstreifen, eine 1,50 Meter breite Abmarkierung auf der Fahrbahn, soll vollends für klare Verhältnisse zwischen Auto- und RadfahrerInnen sorgen.

Weitere Annehmlichkeit: Radeln gegen die Richtung in Einbahnstraßen soll bald nicht mehr nur in Findorff, sondern im Fesenfeld (Bereich Am Dobbern, Bismarckstraße, Vor dem Steintor, St.JürgenStraße) möglich sein sowie in der vorderen Neustadt im Bereich Friedrich-Ebert-Straße, Kirchweg, Buntentorsteinweg. Hier erforscht dann auch die Bundesanstalt für Straßenwesen die Folgen. Diese Untersuchung soll einer Novellierung der Straßenverkehrsordnung dienen.

Linksabbiegen mitten auf der Straße – davor graust vielen RadlerInnen. Sich über drei Ampeln hinweg vorzurobben, ist aber auch kein Hit. Die Kreuzung Tiefer/Wilhelm-Kaisen-Brücke ist so eine Stelle. Manche weichen dann aus auf den schmalen weserseitigen Fußweg der Tiefer. Kollisionen vorprogrammiert. An dieser Kreuzung soll nun ein Radfahrstreifen parallel zu den Kfz-Linksabbiegerspuren von der Tiefer in Richtung Wilhem-Kaisen-Brücke gezogen werden, um das Abbiegen „in einem Zug“ zu ermöglichen. Leichter sollen es zum Beispiel auch LinksabbiegerInnen haben, die von der Kornstraße in die Friedrich-Ebert-Straße wollen oder von der Horner Straße in die Graf-Moltke-Straße – auch dort steht man bislang ungeschützt im Gegenverkehr.

Und als Schmankerl obendrauf sollen endende Radwege besser eingefädelt werden durch längere Bordsteinabsenkungen oder Sperrflächen, zum Beispiel im O-Weg. Ob das Geld für all diese Annehmlichkeiten tatsächlich reicht, hat die Behörde allerdings noch nicht ausgerechnet. cis

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