Kommentar: Lies nach bei Virchow
■ Gaertner schweigt zum Autoverkehr
Rudolf Virchow, der Vater der Sozial- und Präventionsmedizin, freute sich über jede Krankheit, die er nicht bekämpfen mußte, weil er sie verhindert hatte. Vor hundert Jahren war es nicht nur sozial und menschlich, sondern auch vorbeugend medizinisch geboten, etwas gegen Seuchen und Krankheiten zu tun.
Heute heißt die Krankheit nicht mehr Tuberkulose sondern Verkehr. Er tötet und verletzt die Menschen auf den Straßen und in den Städten, durch Unfälle oder die alltägliche Dosis Lärm und Gift. Anders als mit Schluckimpfungen muß man den Verkehr politisch bekämpfen. Doch gegen die Krankheit Verkehr gibt es in Bremen bisher kein Medikament.
All das scheint die Bremer Gesundheitsbehörde nicht besonders zu interessieren. Im vergangenen Jahr unternahm sie den zaghaften Versuch, sich politisch und mit Sachverstand aus Gesundheitssicht zum Thema Verkehr zu Wort zu melden. Beim Gutachten über die Schadstoffbelastung der Luft in der Neustadt lehnte sich die Behörde so weit aus dem Fenster, das sie jetzt völlig untergetaucht ist. Autoarme Innenstadt? Ozon-Diskussion? Bei Gesundheit Fehlanzeige. Es fehlt die Stimme der Gesundheitssenatorin Gaertner, die sich in die Debatte einmischt und präventiv gegen den Verkehr streitet, der die Menschen unbestritten krank macht. Vorbeugen ist besser als heilen – Nachzulesen beim alten Virchow. Bernhard Pötter
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