Liechtenstein-Deal unter der Lupe: BND gerät unter Druck
Am Mittwoch wird über den Liechtenstein-Deal des Bundesnachrichtendienstes beraten. Gegen die Ermittler liegen erste Anzeigen vor.
BOCHUM In der Affäre um Steuerhinterziehung über Stiftungen in Liechtenstein wächst der Druck auf den Bundesnachrichtendienst (BND). Vertreter der Opposition im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestags, das die Geheimdienste kontrollieren soll, fühlen sich über die BND-Operationen in Liechtenstein unzureichend informiert. "Da besteht dringender Aufklärungsbedarf", sagt nicht nur der Vertreter der Linken im PKG, Wolfgang Neskovic. "Wir werden uns die Rolle des BND ganz genau ansehen", verspricht der Grüne Christian Ströbele. Die "Notwendigkeit weiterer Nachfragen" sieht mit Blick auf die kommende Sitzung des PKG am Mittwoch auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Max Stadler.
Hintergrund sind Presseinformationen, nach denen sich der BND bei der Beschaffung von Kundendaten des Liechtensteiner Global Trust (LGT) aller Wahrscheinlichkeit nach auf mehr als einen Informanten gestützt hat. Bereits Mitte vergangener Woche hatten die taz wie auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung entsprechend berichtet.
Sollte der BND aber mehrere Quellen von sich aus aktiv angeworben haben, wäre die Aktion des Auslandsgeheimdiensts illegal - Aufgabe des BND ist es nicht, deutsche Steuerhinterzieher etwa in Liechtenstein zu jagen. Bisher hatte der Geheimdienst wie die federführende, auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Bochumer Staatsanwaltschaft deshalb argumentiert, der BND sei nur in "Amtshilfe" für die Steuerfahndung Wuppertal wie für die Strafverfolgungsbehörden tätig geworden: Heinrich Kieber, ein ehemaliger Mitarbeiter des LGT, habe von sich aus Kontakt zum BND gesucht, der die von Kieber angebotenen DVDs schließlich für rund 5 Millionen Euro ankaufte.
Allerdings wurde Kieber schon Anfang 2004 vom LGT entlassen - die Daten auf den DVDs sollen dagegen bis 2005 reichen. Außerdem soll der angeblich allein agierende Kieber die Daten auch den Geheimdiensten Großbritanniens, der USA, Kanadas, Frankreichs und Australiens angeboten haben.
Die Bochumer Ermittler jedoch beharren bis heute darauf, dass der BND lediglich Amtshilfe geleistet hätte. "Wären die Daten unrechtmäßig beschafft worden, hätte ich ein Problem damit", so der stellvertretende Behördenleiter Hans-Ulrich Krück zur taz. "Darüber gibt es aber keinerlei Erkenntnisse."
Dabei geraten die Bochumer Staatsanwälte selbst zunehmend unter Druck. Mittlerweile liegen mehrere Anzeigen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses durch die Ermittler vor - in den vergangenen Wochen drangen immer wieder Informationen aus laufenden Verfahren in die Öffentlichkeit. "Die undichte Stelle liegt nicht bei der Staatsanwaltschaft Bochum", versichert Oberstaatsanwalt Krück aber.
Für Aufklärung sorgen könnte allein das Parlamentarische Kontrollgremium. Allerdings sind die Bundestagsabgeordneten, die dem PKG angehören, zur Geheimhaltung verpflichtet - die Öffentlichkeit dürfte also auch nach der Sitzung des Gremiums wiederum nur über undichte Stellen informiert werden. Außerdem erlaubt das PKG-Gesetz den Geheimdiensten, seine Kontrolleure im Bundestag nur unzureichend zu informieren. "Teilweise sitzen wir bei Akteneinsicht vor weißen Seiten", klagt nicht nur der Linken-Vertreter Neskovic. Der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof fordert deshalb bereits eine Novelle des PKG-Gesetzes, was auch vom Rest der Opposition unterstützt wird. "Eine Überarbeitung ist dringend erforderlich", sagt auch der Liberale Stadler. "Hier geht es um die Rechte des Parlaments insgesamt."
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