: Lieber Alexandra als tot!
Zunächst zur großen Politik: Rechtzeitig zu Redaktionsschluß platzte die Bombe. Die Bremer Fahrrad- Epikuräer beschlossen nach intensiver Diskussion, nicht an den Bürgerschaftswahlen 1991 teilzunehmen. Pastor a.D. Wolfgang Schiesches als zuständig-unzuständiger Gewährsmann konnte zu den Hintergründen nicht mehr befragt werden, weil er heute eine Reise in seine alte Vaterstadt Königsberg antritt.
Am Grabstein Kants soll das einzige Exemplar des bereits verabschiedeten Wahlprogramms zu treuen Händen hinterlegt werden.
Am Mittwoch des SPD-Parteitags bei Horten an den Büchertischen. Eine durch Anstecker und offizielle Baumwolltasche eindeutig als solche stigmatisierte Delegierte schwänzt ihre Aufgabe als Rädchen in der Abstimmungsmaschinerie und durchwühlt das Moderne Kaufhaus-Antiquariat. Zunächst sichert sie sich für einen Heiermann den HB-Bildatlas DEUTSCHLAND und dann von Konrad Reich (FNL) aus dem Zinnober-Verlag (!) den plattdeutschen Döntjes-Band „Dor führt ümmer ein den annern an“. Zum krönenden Abschluß der bibliophilen Ramsch-Aktion das Werk „Krise und Konflikt — so können alle harmonisch und zufrieden sein“ vom Marktwirtschafts-Pater Rupert Lay SJ (Jesuit für Soll und Haben). Diese Mischung... gut für unser Land?
Ein Akt der Blasphemie ist vom sonst so netten Bremer Container zu melden: Bei der Live-Übertragung vom Airfield Ganderkesee präsentieren Jo Hanns Müller und sein Team heute eine Schlagersängerin namens Alexandra.
Merke: Mein Freund, der Baum... ist tot! Tot! (Junge Leute erkundigen sich über die Zusammenhänge bei den Senioren ihres Bekanntenkreises.)
Die nächste Benefiz-Rallye des “bremer autoclubs für frauen“ startet am 2. Juni, und der Erlös der wilden Hatz kommt einmal mehr der Prof. Hess-Kinderklinik zugute. Es gibt schöne neue Monitore zur Beobachtung von kleinen Jungen und Mädchen, die vom Autotütüt puttemacht wurden. Herzig, diese Knutschis — da ist man baff!
Schirmherr des Bremer Klavierwettbewerbs ist anno '91 Hans-Dietrich Genscher. Ob der Außenminister durch das auffällige Design seiner großen rosa Ohren zu dem Ehrenamt kam oder als ehemaliges Mitglied des Hallenser Turnerchores — dies genau verrät Professor Klaus Bernbacher nicht in seiner hocherfreuten Pressemitteilung.
Besorgnis herrscht im Weißen Haus über die Schilddrüsenerkrankung von Herrn und Frau Bush. Die Einkaufsabteilung der PX-Läden in den Garlstedter US-Barracks sollten vielleicht mal Trill mit Jod SL- Körnchen ordern. Empfiehlt auch der Tierarzt seiner Familie!
Einen Pelle Pershing haben die Initiatoren der Bremer Pink-Party für die morgige Ballnacht als Entertainer in die HFT-Mensa geladen. Angesichts dieser Aufrüstung dürfte es hanseatischen Skinheads kaum einfallen, die schwule Tanzveranstaltung zu überfallen, wie es ihre Ostkollegen am vergangenen Samstag in Berlin taten. Trau, schau, wem! Was machen Sie am 2.Juni?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
