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„Liebe taz...“ Verletzte Würde

Betr.: taz-Berichterstattung zum „Toros-Prozess“

Wir belladonnas haben den Prozess aufmerksam verfolgt. Dabei erschien uns die Medienberichterstattung von der Tendenz her differenziert. Es wurde unserer Meinung nach nicht zu Lasten des Opfers berichtet. Das hat uns gefallen. Was den Prozessverlauf betrifft, können wir nur unsere Entrüstung zum Ausdruck bringen. Obwohl wir keine juristischen Expertinnen sind, entstand für uns deutlich der Eindruck: Das Opfer wurde zur Angeklagten!

Für die Frau war das Verfahren eine menschlich unwürdige Situation. Sie war immer wieder polemischen und ironischen Bemerkungen (des öfteren auch Zwischenrufe) von Seiten der Verteidiger, aber auch leider von Seiten der Richter ausgesetzt.

Der Prozess hat Signalwirkung. Ob das beabsichtigt wurde oder nicht, bleibt dahin gestellt. Allerdings erfahren die jahrelangen Forderungen der Frauenbewegung, nämlich Gewalt gegen Mädchen und Frauen öffentlich auf- und anzuzeigen, durch diesen Prozessverlauf und insbesondere durch das Urteil einen großen Rückschritt. Nicht nur das Selbstbewusstsein der Frauen und ihre Würde wurden hier stellvertretend verletzt, sondern auch das Vertrauen in die Justiz ist durch dieses Verfahren für viele Frauen in Zweifel geraten.

Letztendlich bleibt zu hoffen, dass Frauen und Männer entrüstet und nachdenklich geworden sind. Es bleibt abzuwarten, welche politischen, aber auch menschlichen Auswirkungen der Prozess und das Urteil haben werden. Denn welche Frau wird sich in Zukunft „freiwillig“ oder gar selbstbestimmt solch einem Prozess unterziehen? Das Verfahren und das Urteil haben gezeigt: Das Thema Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist noch lange nicht obsolet!

belladonna wird ab Sommer dazu Veranstaltungen anbieten, um eine öffentliche Debatte zu fördern und um dem Vergessen entgegen zu wirken.

Maren Bock, Geschäftsführerin (stellvertretend für das belladonna-Team)

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