: „Liebe taz...“ Gesetz ohne Folgen
Betr.: „Schwangere werden „nur“ gefesselt“, taz vom 22.5.
Die Debatte über Abschiebehaft handelt mittlerweile tatsächlich vielfach von so zynischen „Verbesserungen“ wie der, dass schwangere Frauen „nur“ an den Händen gefesselt werden dürfen. Die Hoffung auf ein Gesetz, das die Zustände in der Abschiebehaft verändert, hat sich in keiner Weise realisiert – das zeigten einmal mehr die neue Gewahrsamsordnung und das Verfahren, mit dem diese durchgesetzt wurde. Das Gesetz wird keine Entlastungen für den Alltag in der Haft bringen, nicht einmal solche der indirekten Art, dass durch Einstellung eines hauptamtlichen Sozialarbeiters jemand da wäre, um sich einiger zentraler Anliegen anzunehmen. So wie mit Zeitdruck (nach jahrelangem Zuwarten trotz permanenter Kritik) verhindert wurde, dass eine differenzierte Diskussion über die einzelnen Regelungen aufkam, so wird die Mischung aus repressiven und unklaren Bestimmungen über die Haftbedingungen mit dem Fehlen eines transparenten und effektiven Beschwerdeverfahrens schon dafür sorgen, dass die Abschiebungsgefangenen sich nicht auf juristische Abenteuer in einem Land einlassen, das sie ohnehin baldigst zu verlassen gezwungen werden. Für das politische Engagement gegen Abschiebungshaft ergibt sich aus diesen Erfahrungen: Kompromisse in den Forderungen lohnen sich nicht, sie führen nicht einmal zu minimalsten Verbesserungen der Haftbedingungen. Für die Zukunft ist es daher sinnvoller, sich konsequent für die Abschaffung der Abschiebehaft einzusetzen als für gesetzliche Regelungen, die den kritisierten Zustand ohnehin nur zementieren.
Christine Graebsch
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