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■ Die Anderen„Liberation“ warnt vor einer Unterschätzung Milosevic / „Iswestija“ kommentiert die Kosovo-Krise / „Corriere della Sera“ meint zum Kosovo-Krieg / „La Repubblica“ ist skeptisch, ob die Nato-Bombardements zum gewünschten Ziel führen

„Libération“ warnt vor einer Unterschätzung Milosevic': Milosevic ist zweifellos selbstmörderisch, aber er ist ein fürchterlicher Schachspieler. Noch unter den Knüppelschlägen der Nato führt er an vielen Fronten das Spiel. Seine einseitige Waffenruhe – dazu bestimmt, den Anhängern eines wenig ruhmreichen Kompromisses Argumente zu liefern – hat unter den Alliierten noch keinen sichtbaren Riß geschaffen, aber genau das ist die Absicht. Dasselbe gilt für die angekündigte Freilassung der drei in Makedonien gefangengenommenen amerikanischen Soldaten. Was die Schließung der Grenzen für die von den serbischen Milizen terrorisierten Flüchtlinge anbelangt, können wir ohne Risiko darauf wetten, daß es sich eher um eine Geiselnahme als um ein Erwachen des Gewissens handelt. Und daß diese Unglücklichen als Schutzschilde gegen die Nato-Bombardierungen und mögliche Bodenangriffe dienen sollen.

Die russische „Iswestija“ kommentiert die Kosovo- Krise: Die Manöver Belgrads zwingen dazu, wieder über die Endziele des Westens nachzudenken, für den es immer schwerer wird, Milosevic als Verhandlungspartner und nicht als Kriegsverbrecher zu betrachten. Die Nato fordert von ihm die Kapitulation. Das Pentagon erklärt, es werde den Serben nicht erlauben, sich auf den „gesäuberten“ Territorien festzusetzen. Die Teilung des Kosovo ist nur eine Ersatzlösung.

Der Mailänder „Corriere della Sera“ meint zum Kosovo-Krieg: Zwischen den beiden Kriegen scheinen Jahrhunderte zu liegen. Der Krieg der Nato preist die jüngsten technologischen Entwicklungen. Der Krieg von Milosevic im Kosovo hat dagegen den Ruch der Gemetzel alter Zeiten. Und doch wird bei diesen beiden so verschiedenen Kriegen, die so unterschiedlich auf unsere Gefühle einwirken, von Tag zu Tag mehr ein gemeinsamer Nenner deutlich: das Fehlen von Visionen, die Unklarheit ihrer Ziele, die ständig abnehmende Aussicht auf Erfolg. Mit dem Ergebnis, daß der Frieden noch lange auf sich warten lassen wird, falls nicht bald die Stunde des strategischen Sinneswandels schlägt.

Auch die römische „La Repubblica“ ist skeptisch, ob die Nato-Bombardements zum gewünschten Ziel führen: Die Geschichte hat gelehrt, daß Nichteingreifen zu weiterem Verderben führt. Aber angesichts der Erfahrungen im Irak und in Serbien muß man sich heute auch fragen, ob es nicht weniger ineffiziente, um nicht zu sagen kontraproduktive Instrumente gibt als ein Embargo und Bombardements. Es existieren modernere und politischere Instrumente – wie etwa den vollständigen wirtschaftlichen Krieg und den Krieg der Medien; ein Bombardement von Informationen, das schon zum Niedergang der östlichen Regime beigetragen hat – übrigens mehr als die äußerst teuren Nukleararsenale.

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