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Lhasa: Polizeiwache gestürmt

■ Touristen sprechen von 20 Toten / Polizeistation geplündert / Maulkorb für Korrespondenten / Peking räumt inzwischen auch ein Verschulden der Polizei ein / Exil–Tibeter protestieren

Peking (afp/dpa) - Drei Tage nach Beginn der Demonstrationen in der tibetanischen Hauptstadt Lhasa sind Entstehung und Ausmaß der antichinesischen Protestaktionen immer noch unklar. Passagiere einer Linienmaschine aus Lhasa berichteten am Samstag in Nepal, nicht sechs, wie bislang gemeldet, sondern mindestens 20 Mönche und Zivilisten seien am Donnerstag von der Polizei erschossen worden, als sie am chinesischen Nationalfeiertag für die Unabhängigkeit Tibets und gegen die chinesische Besatzung protestiert hatten. Nach Angaben verschiedener Augenzeugen brachen die Unruhen aus, nachdem 20 Mönche bei einer Demonstration am Donnerstag, der zweiten innerhalb einer Woche, verhaftet wurden. Wütende Anhänger stürmten die Polizeistation und setzten sie in Brand , woraufhin die chinesischen Beamten in die Menge geschossen hätten. Die Überreste der Polizeiwache seien am Freitag und Samstag demoliert worden, wobei die Polizei jedoch nicht mehr eingeschritten sei. Ebenfalls am Samstag seien Wandzeitungen mit den Slogans „Laßt uns die Chance ergreifen“ und „Chinesen kehrt nach China zurück“ aufgetaucht. Unabhängige Recherchen über die Ereignisse waren indes kaum möglich, da die zahlreich eingeflogenen Journalisten am Samstag ihre Hotels nicht verlassen durften. Mehrere Dutzend Ausländer sollen vorübergehend festgenommen worden sein, die Regierung in Peking bemüht sich offenbar hektisch, alle noch anwesenden Touristen abzuschieben. Von offizieller chinesischer Seite wurde am Samstag zum ersten Mal ein gewisses Verschulden der Polizei eingeräumt. Hatte es vorher geheißen, die Demonstranten hätten den Beamten die Waffen entrissen und um sich geschossen, räumte jetzt ein Vertreter des Außenministeriums in Lhasa ein, die Beamten hätten „möglicherweise mit den Waffen nicht genau umgehen“ können. Die Schulde an dem „schweren politischen Vorfall“ trägt jedoch nach Aussage der parteiamtlichen Volkszeitung der Dalai Lama, der jüngst in den USA seine Forderung nach der Unabhängigkeit Tibets wiederholt hatte. Exiltibetische Kreise behaupten, Anlaß für die Proteste sei die Hinrichtung mehrerer politischer Gefangener in Lhasa vor zehn Tagen gewesen. In mehreren indischen Städten sowie in Bern fanden am Wochenende Protestkundgebungen gegen den „Terror“ im seit 36 Jahren besetzten Tibet statt.

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