Leverkusen verliert die Nerven: Erst hui, dann pfui
Die Leverkusener Fußballer spielen in der ersten Halbzeit gegen Dortmund wie ein Meisterschaftsanwärter, in Teil zwei verlieren sie völlig die Linie und kassieren gleich drei Gegentore.
DORTMUND dpa | In der Halbzeit gab es Lob von allen Seiten, nach dem Schlusspfiff nur noch Mitleid. Titelaspirant Bayer Leverkusen hat einen möglichen Big-Point in typischer "Vizekusen"-Manier verspielt. Mit ungläubigem Kopfschütteln suchte Trainer Jupp Heynckes im Anschluss an das bittere 0:3 (0:0) bei Borussia Dortmund nach Erklärungen für den Einbruch seiner noch in der 1. Halbzeit famos aufspielenden Mannschaft: "Kurios. Eigentlich mussten wir 2:0 führen und verlieren 0:3." Nicht minder groß war der Frust bei Mittelfeldspieler Toni Kroos: "Die Niederlage der Bayern kam uns eigentlich sehr gelegen. Leider konnten wir sie nicht nutzen."
Mit seinem dritten Saison-Doppelpack brachte BVB-Torjäger Lucas Barrios (50./60.) die Gäste um die Chance, aus der Niederlage des Tabellenführers aus München in Frankfurt Kapital zu schlagen und an ihm vorbeizuziehen. Sichtlich angeknockt ergaben sie sich nach der glücklichen Dortmunder Führung in ihr Schicksal und mussten kurz vor dem Abpfiff sogar noch den dritten Treffer durch Dimitar Rangelow (87.) hinnehmen. Manndecker Sami Hyypiä war bedient: "Unsere dummen Fehler sind bestraft worden. Wir haben uns von dem Rückstand mehr runterziehen lassen als üblich."
Gleich vier hochkarätige Chancen ließen die Leverkusener in den ersten 45 Minuten ungenutzt und brachten sich damit um den Lohn ihrer Arbeit. "Wer Champions-League-Ambitionen hat, muss solche Spiele gewinnen", klagte Heynckes nach der zweiten Auswärtsschlappe nacheinander seiner zuvor in 24 Spielen ungeschlagenen Mannschaft. Noch hält sich die Sorge vor einem folgenschweren Absturz in Grenzen. Zwar verbuchte der Herbstmeister aus den vergangenen fünf Spielen nur fünf Zähler, wähnt sich aber weiter auf Kurs. Angreifer Stefan Kießling gab sich selbstbewusst: "Wir haben keine Angst, am Saisonende mit leeren Händen dazustehen."
Borussia Dortmund - Bayer Leverkusen 3:0 (0:0)
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Owomoyela, Subotic, Felipe Santana, Schmelzer - Hajnal, Kehl (90. Hünemeier) - Blaszczykowski (90. Feulner), Zidan, Großkreutz - Barrios (73. Rangelow)
Bayer Leverkusen: Adler - Schwaab, Friedrich, Hyypiä, Kadlec - Castro, Vidal - Renato Augusto (67. Kroos), Barnetta (67. Bender) - Kießling (46. Helmes), Derdiyok
Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf)
Zuschauer: 80.100
Tore: 1:0 Barrios (50.), 2:0 Barrios (60.), 3:0 Rangelow (87.)
Gelbe Karten: - / Renato Augusto (2)
Viele Spiele wie am Samstagabend kann sich Bayer jedoch nicht mehr leisten. Schließlich beträgt der Vorsprung auf den Tabellen-4. aus Dortmund nur noch fünf Punkte. Wie ausgewechselt kam die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp nach der Pause aus der Kabine und verwandelte die mit knapp über 80.000 Zuschauern gefüllte WM-Arena in ein Tollhaus. Stolz ließ Erfolgstrainer Klopp die Wiederauferstehung seiner noch wenige Minuten zuvor für leblos erklärten Profis Revue passieren: "Für uns ist jedes Spiel ein Endspiel - und das seit geraumer Zeit." Ähnlich euphorisch kommentierte Kapitän Sebastian Kehl das wundersame Geschehen: "Wer hätte in der Halbzeit auf uns getippt? Aber wir haben gezeigt, dass man uns nie abschreiben darf."
Der Dank von Klopp galt vor allem zwei Profis. In der Anfangsphase bewahrte der starke Torhüter Roman Weidenfeller sein Team vor einem Rückstand. Nach Wiederanpfiff begann die große Show von Barrios, der nicht nur bei seinen Saisontreffern 14 und 15 in Erscheinung trat. Nur mit Mühe und Not verhinderte Bayer-Keeper René Adler einen weiteren Streich des Argentiniers (59.) bei einem Heber aus über 40 Metern. BVB-Sportdirektor Michael Zorc stimmte in das Loblied auf Barrios ein: "Er ist eine Tormaschine und definiert sich zu 99,3 Prozent über Tore."
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