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„Leute, die sich gegen uns verbünden“

In letzter Minute verweigerte in Südafrika gestern die rechte weiße „Afrikaner Volksfront“ die Unterschrift unter ein Abkommen mit dem African National Congress  ■ Aus Kapstadt Willi Germund

Die rechtsgerichtete „Afrikaner Volksfront“ (AVF) verweigerte gestern in letzter Minute die Unterschrift unter ein mit der Anti- Apartheid-Allianz African National Congress (ANC) ausgehandeltes Dokument. Sie erhellte damit nicht nur eine tiefe Spaltung unter Südafrikas Reformgegnern, sondern auch Meinungsverschiedenheiten in der Führungsriege des ANC. AVF-Chef Constand Viljoen, der bis Mitte der 80er Jahre Chef der südafrikanischen Streitkräfte war, sagte: „Wir fühlen uns verraten. Es gibt Leute, die sich gegen uns verbünden.“

Die Gespräche zwischen ANC und Volksfront hatten vor Monaten begonnen und drehten sich ursprünglich um einen Punkt. Im Tausch für Frieden sollte der ANC den weißen Buren das Recht auf Selbstbestimmung und einen eigenen Volksstaat einräumen. In dem Dokument zeigen sich beide Seiten überzeugt, daß eine Regelung gefunden werden könne.

Die Unterzeichnung wurde durch Ereignisse in Kapstadt torpediert. Dort waren gestern morgen Gespräche zwischen der weißen Minderheitsregierung, dem ANC und der „Freiheitsallianz“ (FA) gescheitert. Die Volksfront gehört zu dieser Allianz, einem Bündnis von zwei rechtsradikalen weißen Gruppierungen und drei Regierungen der als „Homelands“ bekannten südafrikanischen Schwarzenreservate. Sie hatte bis spät in die Nacht vergeblich über die Möglichkeit verhandelt, doch noch an dem seit Anfang Dezember amtierenden „Übergangsrat“ und den für den 27. April des kommenden Jahres geplanten Wahlen teilzunehmen.

Viljoen sagte gestern: „Die Regierung will nicht, daß wir an den Wahlen teilnehmen, weil sie dann Stimmen mit uns teilen muß.“ Tatsächlich müßte die noch regierende Nationale Partei von Präsident Frederik de Klerk in diesem Fall fürchten, nicht zweitstärkste Partei zu werden. Sie würde dann nicht den Vizepräsidenten stellen. Heute soll das Minderheitsparlament die Verfassung verabschieden, die Mitte November vereinbart worden war.

Aber auch ANC-Generalsekretär Cyril Ramaphosa, der für den ANC die Gespräche in Kapstadt führte, glaubt nicht an die Zukunft der Unterredungen mit den weißen rechtsradikalen Gruppierungen. Jacob Zuma, der den ANC bei Viljoens Pressekonferenz vertrat, erklärte dagegen: „Wir wollen ein Land, in dem nicht gekämpft wird, und brauchen deshalb eine Lösung, die alle einschließt.“ Zu den Befürwortern der Verhandlungen gehören auch der ANC-Präsident Nelson Mendela und der ANC- Vorsitzende Thabo Mbeki.

In dem nicht unterzeichneten Dokument versichern sich sowohl der ANC wie auch die rechtsradikale Volksfront gegenseitig, daß sie von Ehrlichkeit und Seriosität der anderen Seite überzeugt sind. Viljoen hätte sich zudem verpflichtet, seine Anhänger zu Gewaltfreiheit aufzufordern. Der ANC erklärte, die Forderung der weißen Buren nach Selbstbestimmung müsse umgehend zur Kenntnis genommen werden. Ex-General Constand Viljoen sagte gestern, er fühle sich auch von Leuten in der Freiheitsallianz verraten. So hatte Ferdi Hartzenberg, der Chef der reformfeindlichen Konservativen Partei, deutlich gemacht, daß er nicht an der Unterzeichnung des Dokuments teilnehmen würde.

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