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Leuchten Der Osnabrücker Sternwartenleiter Andreas Hänel ist als Lobbyist der Dunkelheit weltweit unterwegs. Wir erreichten ihn in den USA, wohin wir ihm die Fragen per Mail zuschicken konnten„Wir können die Sterne nicht mehr sehen“

Foto: Nationalparkverwaltung Eifel
Andreas Hänel

63, promovierter Astrophysiker, ist Leiter des Planetariums in Osnabrück und Sprecher der Fachgruppe „Dark Sky“, einer Abteilung der Vereinigung der Sternfreunde. Er setzt sich für die Errichtung von so genannten Dark Sky Places ein, in denen ein gewisses Mindestmaß an Dunkelheit garantiert ist.

taz: Herr Hänel, viele Menschen haben Angst vor der Dunkelheit …

Andreas Hänel: Die Menschen sollten eher Angst um den Verlust der Dunkelheit haben, da sie für die Regeneration ex­trem wichtig ist – also für ihre Gesundheit!

Die nächtliche Helligkeit nimmt kontinuierlich zu. Seit wann beschäftigt Sie das Pro­blem der Lichtverschmutzung?

Seit über 20 Jahren, als wir eine Ausstellung zum Thema bei der Osnabrücker Umweltmesse gemacht haben.

Bewerten Sie Licht wirklich als Schmutz?

Die Nacht ist natürlich hell durch Sternenlicht, durch atmosphärische Erscheinungen wie Airglow, Polarlichter, und da bringen wir unser künstliches Licht dominant ein – das ist eine Verschmutzung des natürlichen Lichts, so wie bei der Luft oder dem Wasser.

Sie benennen die Sternenbeobachtung als kulturelles Erbe, das in Gefahr ist. Aber die Sterne scheinen doch trotzdem weiter, ob wir hingucken oder nicht.

Natürlich scheinen sie länger, als die Menschheit vermutlich auf unserem Planeten existieren wird. Und sie stören sich auch nicht daran, was wir hier anstellen. Aber wir können sie nicht mehr sehen und sie können uns nicht mehr inspirieren, wie sie es zum Beispiel bei einem Vincent van Gogh getan haben.

Haben Sie überhaupt nennenswerte Erfolge in Ihrem Kampf für die Dunkelheit?

Man redet immer mehr darüber, die Industrie bietet verstärkt entsprechende Produkte an. Viele Kommunen wollen inzwischen etwas gegen die Lichtverschmutzung tun.

Es gibt Bestrebungen, im Harz, bei Andreasberg, einen Dark Sky Park auszuweisen. Haben diese Initiativen Aussicht auf Erfolg?

Ja, aber nur, wenn sich der Nationalpark dazu bekennen würde. Es gibt noch mehr Projekte: zum Beispiel die Nossentiner/Schwintzer Heide oder das Mecklenburger Parkland.

Was ist bei einem Anerkennungsverfahren zum Dark Sky Park zu beachten?

Erst muss man die Himmelshelligkeit messen, dann, zweitens, die künstliche Beleuchtung durch ein Leuchtenkataster erfassen, drittens Beleuchtungsempfehlungen entsprechend der International Dark Sky Association erstellen. Verwaltung und Politik müssen sich zu dem Vorhaben bekennen, notwendig ist eine wahrnehmbare Öffentlichkeitsarbeit einschließlich zugänglicher Beobachtungsplätze.

Wie wird Dunkelheit gemessen?

Es wird eben die geringe Nachthimmelshelligkeit gemessen mit entsprechenden Helligkeitsmessgeräten.

Muss ein Sternenpark mehr sein als nur dunkel?

Nein, viel wichtiger ist, etwas gegen die Lichtverschmutzung zur Verbesserung der Dunkelheit zu tun.

Interview Benno Schirrmeister

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