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Archiv-Artikel

Let me entertain you

Der „The Smiths“-Gründer und -Gitarrist könnte sich in seiner musikalischen Vita suhlen – doch Johnny Marr pflegt lieber Freundschaften, träumt von Schlangen und spielt vergnügt mit seiner neuen Band in kleinen Hallen

Interview: VOLKER PESCHEL

„Words by Morrissey, music by Johnny Marr“: Mit ihrer Band The Smiths war das charismatische, kreative Doppel aus Manchester die Gitarrenpop-Prophezeiung der Achtziger – oder gleich die „beste Band aller Zeiten“, wie der New Musical Express titelte. „Zweiköpfiges Monster“ nennt Johnny Marr diese fünfjährige Partnerschaft rückblickend. Er ist inzwischen 39 und darf sich für sein reges musikalisches Schaffen zu den „Top Ten Guitar Heroes Of All Time“ zählen. Und: Johnny Marr & The Healers heißt seine neue Band mit Bassist Alonza Bevan von Kula Shaker und Ringo Starrs Sohn Zak Starkey am Schlagzeug. Mehr als 20 Jahre nach dem Debüt der Smiths hat Marr die erste Platte fertig, auf der er auch singt: Boomslang.

taz hamburg: Wer oder was ist Boomslang?

Johnny Marr: Ich hatte einen Traum von einer Schlange, die sagte zu mir: „I‘m Boomslang! I‘m Boomslang!“ Ich wachte auf und schrieb „Boomslang“ auf. Am nächsten Morgen dachte ich: Das ist ein richtig gutes Wort. In Japan bedeutet ein Schlangentraum ein dauerhaft gutes Omen, und nun haben The Healers all die Fortune des japanischen Traums ... Die gesamte japanische Mythologie wird uns zur Seite stehen.

Wie wurde Johnny Marr nach 20 Jahren zum Sänger?

Ich wollte kein obskures, arg künstlerisches Solo-Projekt abliefern – verstiegene Instrumental-Musik eines Gitarristen. Nach Morrissey, nach Matt Johnson wollte ich aber auch nicht erneut mit einer starken Identifikationsfigur arbeiten. Ich lernte in New York durch Zufall Zak kennen, ohne zu wissen, wer er ist. Er sagte, er sei Schlagzeuger. Ich sagte, ich hätte Songs. Das war es. Alonza kam hinzu, und als wir uns dann mögliche Sänger anhörten, kamen wir an den Punkt, wo meine Band meinte: „Hey, die klingen alle nicht nach dir. Du kannst es tun, du klingst gut.“ Also wurde ich Sänger.

Haben Sie das Spotlight gesucht?

Nein, das habe ich nie getan. Der Frontmann zu sein, hat für mich nichts zu tun mit: „Come on! Like me, like me, like me!“ Es geht um die Musik, darum, dass die Zuschauer Entertainment haben – dass sie es besser finden, als einen shitty Tom Cruise-Film.

Haben Sie noch Kontakt zu Morrissey?

Es war die Musik, es war die Band, die uns zusammenbrachte, wir waren Fremde vorher. Als es die Band nicht mehr gab, wäre es eine Tortur für uns gewesen, weiter zusammen zu sein. Für Außenstehende ist das schwer zu verstehen, die denken: Sie sind in einer Band, sie machen Musik zusammen. Aber wir waren auf einer Mission, auf einem Kreuzzug, der sehr verrückt war. Nun sind wir nur noch halb so verrückt: Er hat seine Hälfte, ich die meine.

Wie wichtig waren danach The The?

Ich kannte Matt Johnson lange, eine Seelenverbindung, seit ich 17 war. Meine Zeit mit The The war die glücklichste meines musikalischen Lebens. Ich habe alles Weitere an ihnen gemessen. Und dachte nicht, dass ich wieder eine Band finden könnte, wo alle Mitglieder „the same kind of guys“ sind.

Das war bei Electronic nicht der Fall?

Electronic wurde immer als Projekt angesehen: Der Typ von New Order und der Typ von The Smiths machen Musik zusammen. Was jedoch die meisten Leute vergessen: Bernard (Sumner) und ich waren nahezu jeden Tag in diesen neun Jahren zusammen. Ich habe mehr Zeit mit Bernard verbracht als mit meiner Frau. Und mit ihr bin ich zusammen, seit ich 15 Jahre alt bin.

Ist die neue Band eine ähnlich kraftvolle Beziehung?

Ja, definitiv. Auch wenn ich mit Zack und Alonza nicht mehr spielen würde, würde die Freundschaft bestehen bleiben. Es geht nicht darum, als Band eine Art „fucked up soap opera“ für die Öffentlichkeit zu spielen. Es ist mehr.

Also werden die Healers eine lange Geschichte?

So Gott es will ...!

Sonnabend, 21 Uhr, Schlachthof