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Lesbenwoche: Lassen wir sie rein?

Zum Auftakt der 12. Lesbenwoche gab es Streit, ob Heteras, bisexuelle Frauen und Transsexuelle teilnehmen dürfen. Nun sollen die Referentinnen entscheiden  ■ Von Monika Hinner

Dürfen sie nun, oder dürfen sie nicht? All die Heteras, bisexuellen Frauen und Mann-zu-Frau-Transsexuellen mit Interesse an lesbischen Themen: Dürfen sie rein in die 12. Berliner Lesbenwoche?

Das Vorbereitungsteam, kurz Orgagruppe, beantwortete die Frage beim Eröffnungsplenum mit einem entschiedenen „Ja“. Und präsentierte den 150 Lesben und anderen Weiblichkeiten gleich einen entsprechenden Beschluß. Nach diesem sind zur Lesbenwoche jetzt alle eingeladen außer den „biologischen Männern, die sich auch als solche begreifen“.

„So geht das aber nicht“, schallte den Organisatorinnen der gesammelte Unmut der Mehrheit des Plenums entgegen. Eine so einschneidende Veränderung könne den Teilnehmerinnen nicht einfach ohne Diskussion qua Beschluß „aufgedrückt“ werden, argumentierten die Öffnungsskeptikerinnen. Das widerspreche dem „basisdemokratischen Selbstverständnis der Lesbenwoche“. Außerdem sei die Lesbenwoche eben keine „Menschenwoche“. Bisher war die Lesbenwoche ein Raum für Lesben, sich mit eben solchen zu treffen und auszutauschen. „Ich wußte irgendwie, da sind die Mädels, da kann ich hingehen“, erläuterte eine Lesbe ihre bisherigen Erfahrungen. Die Referentinnen, so die Forderung der Mehrheit der 150 Anwesenden, müßten selbst entscheiden können, ob Transen, Heteras und bisexuelle Frauen an ihren Veranstaltungen teilnehmen dürfen.

Was aber überhaupt ist eine Lesbe? Gibt es lesbische Transsexuelle? Gehören nur solche Lesben „dazu“, die als Frauen aufgewachsen sind? Und was haben Heteras bei der Lesbenwoche zu suchen? Fragen über Fragen kennzeichneten den Beginn der Lesbenwoche, die „Lesbische Identitäten und politische Perspektiven“ zum Oberthema hat. Klar ist momentan nur, daß „die Suche nach lesbischer Identität ein lebendiger Prozeß ist, der Spannung verursacht“, wie es im Vorwort des Programmheftes steht. Was konkret heißt, daß der Zoff in der Lesbenszene gerade erst begonnen hat.

Ganz praktisch konfrontiert wurden bereits die Organisatorinnen mit der bisher vorrangig akademisch geführten Debatte um die „Queer Theory“. Als sich Rosa, eine sich als Lesbe verstehende Transsexuelle, im Juli in die Orgagruppe einklinkte, stiegen zwei Lesben aus dem Team aus.

Ach ja, das Ergebnis der hitzigen Diskussion beim Eröffnungsplenum. Erstens. Die Orgagruppe ist bei ihrem Beschluß geblieben. Zweitens. Die Mehrheit des Plenums einigte sich darauf, daß die Referentinnen dennoch in Eigenverantwortung entscheiden können, wer an ihren Veranstaltungen teilnehmen darf. „Klar ist das eine Mogelpackung“, kommentierte eine Teilnehmerin, „aber immerhin findet die Lesbenwoche jetzt statt.“ Und zwar bis Sonntag im Oberstufenzentrum Danckelmannstraße, U-Bahnhof Sophie- Charlotte-Platz. Monika Hinner

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