: Leid-Entscheidungen
Unipräsident Lüthje will Studiengänge Sprachlehrforschung und Skandinavistik kippen. Professoren fürchten um Vielfalt und Forschung
von EVA WEIKERT
Nach der Pharmazie und der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte stehen jetzt auch die renommierten Studiengänge Skandinavistik und Sprachlehrforschung auf der Streichliste der Universität. „Das Präsidium will uns im Hauruck-Verfahren abschaffen“, empört sich Juliane House. Wie die Professorin für Sprachlehrforschung berichtet, hat ein Brief der Universitätsleitung ihren Fachbereich kurz vor Weihnachten über die Schließung informiert. Der Vize-Sprecher des Sonderforschungsbereichs Mehrsprachigkeit, Jochen Rehbein, verurteilt die Entscheidung als „völlig konzeptlos“.
Hintergrund sind die vom Rechts-Senat im Sommer verabschiedeten „Leitentscheidungen“ zur Hochschulentwicklung. Demnach soll Hamburg bei der akademischen Ausbildung enger mit Schleswig-Holstein kooperieren und zugleich seine Studienanfängerzahlen abbauen, allein an der Universität in Rotherbaum bis 2009 weitere 15 Prozent.
Laut Professorin House spart der Fachbereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften durch die Schließung der beiden Studiengänge Skandinavistik und Sprachlehrforschung jährlich 270.000 Euro. Dies stehe in dem Brief des Präsidiums, der den Fachbereichsrat über die Abwicklung informierte – „ohne eine Begründung mitzuliefern“, moniert Wissenschaftlerin House. Der Brief verweise lediglich auf das „gut ausgebaute Angebot“ eines Studiengangs Skandinavistik an der Universität in Kiel.
„Derzeit sprechen wir mit Kiel über verschiedene Kooperationen“, räumte denn auch Sabine Neumann, Sprecherin der Wissenschaftsbehörde, ein. „Aber es gibt noch keine Ergebnisse.“ Der Sprecher von Universitäts-Präsident Jürgen Lüthje wurde etwas konkreter: „Kiel hat eine besser ausgebaute Skandinavistik, und wir überlegen zu kooperieren“, sagte Peter Wiegand. Die Streichung der beiden Studiengänge sei bisher nur „im Gespräch“, eine Entscheidung werde innerhalb der nächsten Monate fallen. Wiegand räumte jedoch ein: „Die Uni kann im internationalen Wettbewerb nicht bestehen, wenn wir die jetztige Fächervielfalt erhalten.“ Die Bildung von Forschungsschwerpunkten sei darum unverzichtbar.
Dabei ist gerade die Sprachenvielfalt eine „traditioneller Schwerpunkt“ der Hamburger Uni, wie der Germanist Jochen Rehbein betont. Rehbein steht an der Spitze des Sonderforschungsbereichs Mehrsprachigkeit, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird und die Studiengänge Skandinavistik und Sprachlehrforschung einbezieht. Weil das Forschungsprojekt „viel zum internationalen Renomee der Uni“ beitrage, findet der Professor die Sparbeschlüsse „widersinnig und konzeptlos“. Er moniert: „Die Schließung der Studiengänge ist keine inhaltliche, sondern eine rein ökonomische Entscheidung.“
Mit einem offenen Brief will Rehbein Uni-Präsident Lüthje nun zur Umkehr auffordern.