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Archiv-Artikel

christoph schultheis Leichte Herzrhythmusstörungen

Wenn einem das Fernsehen nicht gefällt, rät Fernsehkritiker Thomas Gottschalk zu demütiger Stille.

„Fernsehen macht krank, blind und blöd! Und zwar alle: die, die zuschauen, und die, die’s machen. Fernsehen ist Scheiße! Scheiße! Scheiße!“, hat Thomas Gottschalk mal gesagt.

Das war so ungefähr 1999 und natürlich nur in Helmut Dietls alberner TV-Komödie „Late Show“. Im wirklichen Leben würde Gottschalk so was nie sagen. Okay, dem Spiegel hat er im selben Jahr gestanden, dass er „das Fernsehen in allen seinen Auswüchsen beschimpfen“ könne, wenn er wolle, und beschimpfte anschließend immerhin seine Talkmaster-Kollegen als „Leute, die früher vor dem Kaufhof Putzschwämme oder Zwiebelschneider verkauft haben“. „Die Quote heiligt die Mittel“, seufzte Gottschalk noch Anfang dieses Jahres in der Welt am Sonntag, um wenig später in der Münchner Abendzeitung zu gestehen, dass er nun mal „die Klappe nicht halten“ könne, wenn er sehe, „wie sich die Leute zum Deppen machen oder wie im Fernsehen Gefühle verletzt werden“, was wiederum überall dort für Schlagzeilen wie „Thomas Gottschalk kritisiert deutsches TV“ sorgte, wo anderntags dann „Arabella Kiesbauer geht ins Kloster“ oder so was steht.

Nebenberuflich ist der TV-Kritiker Gottschalk darüber hinaus als Kolumnist der Bunten tätig. Kurz bevor die Illustrierte ausgeblättert auf dem Altpapierstapel landet, antwortet er dort „auf brennende Fragen des Lebens“. (Naja, zumindest steht, wie bei Franz Josef Wagner in der Bild-Zeitung, unten drunter in Schreibschrift „Ihr Thomas Gottschalk“. Und so wollen wir das da auch mal stehen lassen – ebenso wie folgenden Satz: „Vielleicht sind ja die Moderatoren, die täglich durchs Tal der Tränen wandern, die modernen Nachfolger der frommen Männer und Frauen, die einst die Not der Lepra- und Pestopfer linderten.“)

In der aktuellen Ausgabe beschäftigt sich Gottschalk eigentlich mit Arabella Kiesbauer. Schließlich hatte die kürzlich öffentlich angekündigt, nach ihrem plötzlichen Aus als Pro7-Moderatorin erst mal eine Weltreise zu machen und vielleicht „auch in ein Kloster gehen und meditieren“ zu wollen. „Büßt sie für ihre Sünde, dem deutschen Fernsehen vorgeworfen zu haben, für die Quote nur noch ‚Scheiße‘ zu produzieren?“, fragt Gottschalk deshalb in der Bunten.

Und hatte sich Kiesbauer nicht tatsächlich vor ihrem Pro7-Aus mit allerlei TV-Defätismen unbeliebt gemacht? Ein Fehler, wenn man Onkel Gottschalk fragt: Sie hätte sich „in demütiger Stille“ zurückziehen und „eine Kerze anzünden“ sollen, findet er – um anschließend noch ein wenig übers Fernsehen herzuziehen, welches seiner Ansicht nach „bereits aus der geschlossenen Anstalt gesendet wird“ und bei ihm gelegentlich „zu leichten Herzrhythmusstörungen“ führe …