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Leichen häufen sich im Flur

Das Geld der Gangster: Die Action-Komödie „Ruang Talok 69“ (Forum) zeigt auch ein gezeichnetes Bangkok nach der Asienkrise

Zehn Jahre lang hatte Thailands Ökonomie die höchsten Wachstumsraten der Welt. Doch die Asienkrise traf das Land mit am härtesten; Banken brachen zusammen, viele wurden in die Arbeitslosigkeit entlassen.

Hier beginnt „Ruang talok 69“, der zweite Spielfilm von Tom Pannet (Pen-ek Ratanaruang), der 1997 mit seiner „Fun Bar Karaoke“ für recht bunte, turbulente Unterhaltung gesorgt hatte. In der ersten Szene des Films soll das Schicksal über die Entlassungen in einer Bangkoker Finanzgesellschaft entscheiden. Die allesamt weiblichen Angestellten ziehen Lose. Tum (Lalita Panyopas), eine junge Sekretärin, hat Pech. Später sieht man sie an einer Supermarktkasse, deprimiert, weil sie ihre Waren nicht bezahlen kann. Sie klaut und empfindet das als demütigend. Zu Hause stellt sie sich vor, sich das Leben zu nehmen.

Ihr Appartement trägt die Nummer 6, die schlecht befestigt ist an der Tür, so das die 6 immer wieder zur 9 wird. Das führt zu Verwechslungen: Wilde Gangster in Trainingsanzügen stellen ein Paket mit Geld vor ihre Tür. Tum ist sehr verwirrt, als sie das Geld – eine Million Baht (etwa 50.000 Mark) – entdeckt. Die Gangster kommen wieder und später durch hilfreiche Zufälle auch zu Tode. Sehr blutig und mit klug eingesetzten Tarantino-Zitaten geht es weiter. Die Leichen häufen sich in Tums Wohnung. Wie versteckt man sie am besten und schafft sie weg? Und wie entzieht man sich den Gangstern, die viele Buddha-Amulette tragen? Ins Ausland zu gehen scheint die beste Lösung zu sein.

Immer wieder überrascht „Ruang talok 69“ mit tollen Nebenfiguren und beeindruckt vor allem mit einer selten gesehenen Mischung aus zuweilen krass trashigen Actionszenen und sozialem Realismus. Manchmal sieht man riesige Investmentruinen, manchmal einen Mann, der in einer Baggerschaufel schläft, oder eine Furcht erregende Polizeistation.

Ein ganz junger Gangster entführt irgendwann die Heldin und muss plötzlich weinen, als aus dem Kassettenrecorder im Auto ein schön-sentimentales Thaipop-Stück ertönt. Das war das Lieblingslied seiner Mutter gewesen, dass er ihr vorgesungen hatte, und dann starb sie noch während seines Vortrags. Pardon gibt es trotzdem nicht. Am Ende des trotz aller Action und sprühenden Situationskomiken sehr traurigen Films steht eine überraschende Geste großer Souveränität.

Detlef Kuhlbrodt „Ruang Talok 69“. Regie: Pen-ek Ratanaruang. Mit Lalita Panyopas, Tasanawalai Ongartittichai, Thailand 1999, 114. Min. Heute, 24 Uhr, Delphi, 19. 2., 12 Uhr Cinestar 5 und 22 Uhr Cinestar 8

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