: Lehrstelle verzweifelt gesucht
Rund 11.000 Berliner Jugendliche sind noch ohne Ausbildungsplatz. Die Lage bleibe angespannt, so Wirtschaftssenator Wolf. Für den DGB ist der so genannte Ausbildungspakt eine „Mogelpackung“
VON RICHARD ROTHER
Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt bleibt weiter angespannt, trotz des so genannten Ausbildungskonsens. Rund 11.000 Jugendliche sind zurzeit noch ohne Lehrstelle. Für den DGB ein Grund zur Besorgnis: „Der Trend ist weiter negativ“, so DGB-Landesvize Bernd Rissmann.
Im diesjährigen Ausbildungsjahr hatten sich in Berlin rund 26.000 Jugendliche bei den Arbeitsagenturen um eine Lehrstelle bemüht. Dem standen nur 10.700 von den Betrieben gemeldete Plätze gegenüber, knapp 600 weniger als im Vorjahr. Zwar ist davon auszugehen, dass nicht alle Betriebe ihre Lehrstellen der Arbeitsagentur melden – dennoch klafft weiter einer große Lücke zwischen Angebot und Nachfrage.
Zurzeit – die letzte verlässliche Zahl ist von Ende Juni – suchen noch über 11.000 Berliner Jugendliche eine Lehrstelle, knapp 3.000 bei den Arbeitsagenturen gemeldete Stellen sind noch unbesetzt. „Das Ganze ist aber ein höchst dynamisches Geschäft“, so der Sprecher der Regionaldirektion der Arbeitsagentur, Olaf Möller. Die Betriebe müssten sich jetzt entscheiden, welche Bewerber sie nehmen wollten. Auch die Jugendlichen, von denen manche sogar mehrere Zusagen hätten, müssten sich nun entscheiden. Möller appellierte an die bereits versorgten Jugendlichen, sich bei den Arbeitsagenturen zu melden. Damit am Ende – mit Hilfe öffentlich geförderter Ausbildungsstellen – jedem ein Angebot unterbreitet werden könne. Dazu diene auch die traditionelle Nachvermittlungsaktion im Herbst.
Die 3.000 noch unbesetzten Ausbildungsplätze verteilen sich auf mehrere Branchen, darunter Bankkaufleute, Elektroniker, Technische Zeichner, Gebäudereiniger, Verkäufer für Nahrungsmittel und Fachkräfte für die Systemgastronomie. Für Bäcker oder Friseure hingegen sind keine freien Plätze mehr gemeldet. Allerdings bedeutet auch „unbesetzt“ nicht, dass Bewerber noch große Chancen haben. Möglicherweise haben sich die Unternehmen nur noch nicht entschieden, wen sie aus der großen Fülle der Bewerbungen nehmen. Wer Interesse hat, sollte sich deshalb mit der Arbeitsagentur in Verbindung setzen.
Die Berliner Wirtschaft hatte Anfang Juli mehr Ausbildungsplätze in Aussicht gestellt. „Wir wollen die Region in Deutschland sein, die den Ausbildungspakt zwischen Bundesregierung und Wirtschaft am besten umsetzt“, so der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Jan Eder. Für Berlin bedeute der Pakt, dass die Wirtschaft rund 300 zusätzliche Lehrstellen und 250 Praktikumsplätze pro Jahr anbieten müsse.
Für DGB-Vize Bernd Rissmann blieb „der Ausbildungspakt ohne Wirkung“. Es müsse darum gehen, die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze zu erhöhen. In Berlin und Brandenburg habe es aber nur 17.000 solcher Stellen für 55.000 Bewerber gegeben. Der Ausbildungspakt sei eine „Mogelpackung“.
Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) gibt noch keine Entwarnung: „Es gibt mehr Ausbildungsplätze, aber die Lage auf dem Markt in Berlin bleibt weiter angespannt.“ Im September werde das Land Berlin zusätzlich 5.500 öffentlich finanzierte Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Zudem solle die Nachvermittlung in frei gewordene Lehrstellen besser werden. Weil Azubis ihre Lehre vorzeitig abbrechen, seien bisher in Berlin rund 2.000 Plätze verloren gegangen.
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