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Archiv-Artikel

Lehrerbildung auf Sparflamme

Im Herbst letzten Jahres haben wir in Berlin unser erstes Staatsexamen als Grundschullehrerinnen sehr erfolgreich absolviert. Die Freude über diesen Erfolg ist uns allerdings sehr schnell vergangen, da wir uns nun – wie derzeit die meisten Absolventen eines Lehramtsstudiums – in einer bedrückenden beruflichen Perspektivlosigkeit befinden, die durch aktuelle Planungsüberlegungen des Berliner Senats noch verschärft wird.

Seit längerer Zeit müssen sich die Lehramtsanwärter auf mehrere Jahre Wartezeit bis zur Einstellung in den Vorbereitungsdienst – also bis zur schulpraktischen Ausbildungsphase – einrichten. Denn für diesen Teil der Ausbildung werden im Blick auf die Bewerberzahl schon lange viel zu wenige Plätze zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, dass sich jährlich hunderte von Absolventen fragen müssen, wie sie die Zeit beruflich überbrücken können.

Als wäre dies nicht schon schlimm genug, denkt nun der Berliner Senat auch noch darüber nach, die ohnehin für dieses Jahr von 800 auf 400 reduzierten, also äußerst knapp bemessenen Referendariatsplätze weiterhin auf sage und schreibe 180 zu kürzen. Dieser Anzahl von Plätzen stehen im August 2004 2.000 BewerberInnen gegenüber. Während sich also der Senat von der Verantwortung für die Lehrerbildung im eigenen Land zurückzieht, ruft Herr Böger auf der anderen Seite über die Medien LehrerInnen mit 2. Staatsexamen aus anderen Bundesländern dazu auf, sich in Berlin zu bewerben, da der Bedarf an Lehrpersonal in den nächsten Jahren sonst nicht zu decken ist.

Für viele Berliner Absolventen mit 1. Staatsexamen bleibt als letzte Konsequenz, das Land Berlin zu verlassen, um ihre Ausbildung in einem der anderen Bundesländer (die mehr in Bildung investieren) vollständig abzuschließen. Kann es sich die Stadt leisten, die in Berlin teuer ausgebildeten Lehramtsanwärter zu verlieren? Uns fällt es schwer, dieser Sparlogik zu folgen.

Dieser verschwenderische Umgang mit Steuermitteln lässt außerdem auch geistige Ressourcen brachliegen: Hohe Motivation und modernes pädagogisches Know-how der Absolventen kommen auf diese Weise in der Schule nicht an – obwohl sie, gerade nach der Pisa-Studie, dort dringlichst benötigt werden.

TATJANA ISRAEL, ANDREA HIESINGER

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