Nachgefragt: Lehre statt Leere
■ SPD-Fraktion sägt an Parteibeschluß
Am vergangenen Montag verabschiedeten die SPD-Bundesdelegierten beim Kölner Sonderparteitag die Forderung, daß Unternehmen ohne Lehrstellen künftig eine Ausbildungsplatzumlage zahlen sollen. Das deckt sich mit einem Beschluß des Landesparteitags vom 30. Oktober. Damals foderten die Bremer GenossInnen eine Bundesratsinitiative zu dem Thema. Problem: Die Fraktion zieht jetzt nicht mehr mit. Sie favorisiert stattdessen ein Konsens-Modell aus Nordrhein-Westfalen, das auf freiwillige Kooperation zwischen Wirtschaft, Parteien und Regierung setzt. Über die Kluft zwischen Partei und Fraktion sprachen wir mit SPD-Parteichef Detlef Albers.
taz: Herr Albers, warum favorisiert die Fraktion plötzlich im Gegensatz zur Partei ein anderes Modell?
Detlef Albers, Vorsitzender der Bremer SPD: Zunächst einmal befindet sich der Landesparteitag vom 30. Oktober in bester Gesellschaft mit dem Kölner Bundesparteitag, in dem sinngemäß der Schwerpunkt auf die Ausbildungsplatzabgabe gelegt wurde. Wenn jetzt die Fraktion die NRW-Kammerlösung favorisiert, kann ich das nur so erklären, daß dort eben eine Garantieerklärung der Kammern für ausreichende Ausbildungsplätze unterschrieben wurde. Wogegen wir uns hier mit einem bloßen Appell an die Unternehmen begnügen mußten.
Wird die Partei den ParlamentarierInnen jetzt auf die Füße treten?
Wir werden gemeinsam die Richtung abstecken. Und die lautet: Eine Ausbildungsplatzabgabe ist unser grundsätzliches Ziel. Das wollen wir auch mit anderen Bundesländern oder über eine Bundesratsinitiative vorwärts bringen.
Müssen die Bremer Unternehmen dann künftig mit einer Zwangsabgabe rechnen?
Ich sehe keine Einzelinitiative des Landes Bremen. Wir stecken zudem in einer großen Koalition und müssen zunächst einmal den Partner von unserer Lösung überzeugen, die 12,5 Prozent mehr Ausbildungsplätze vorsieht.
Die CDU behauptet aber, daß die Abgabe keine Lehrstellen schafft, sondern die Betriebe unnötig belastet.
Die Konfrontation muß man aushalten. Aber das wird sich auf Bundesebene abspielen. Und da ist die Position der Bremer SPD eindeutig.
Mit einem Koalitionskrach ist also nicht zu rechnen?
Nein. Wir können natürlich nicht mit wechselnden Mehrheiten in der Bürgerschaft operieren. Wir werden vielmehr zusammen mit den Gewerkschaften versuchen, über ein regionales Bündnis voranzukommen...
...was aber nur gegen die CDU zu bewerkstelligen wäre.
Einsichten soll man niemandem im vorhinein absprechen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die CDU als Partei der Ausbildungsplatznot hier in die Landespolitik eingehen will.
Wäre das Konsens-Modell aus Nordrhein-Westfalen ein Kompromiß in der Koalition?
Das NRW-Modell ist sicher ein brauchbarer Zwischenschritt. Aber als Ersatz für die Umlage nicht zu gebrauchen.
Im Klartext: Die freiwillige Kooperation mit den Betrieben ist gescheitert?
Nein, aber sie ist unzureichend, da zuviele Jugendliche gar keinen oder einen ungeliebten Ausbildungsplatz finden.
Mit welchen konkreten Schritten seitens der SPD Bremen ist nun zu rechnen?
Auch das Land Bremen muß eine entsprechende Bundesratsinitiative mittragen, die sich dieses grundsätzliche Umlagemodell zum Ziel setzt. Als Zwischenschritt brauchen wir ein regionales Bündnis für Arbeit mit einer Garantieerklärung für ausreichende Arbeitsplätze seitens aller Beteiligten. Fragen: Jeti
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