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Lebendige Sprache

■ betr.: „Rechtschreibstreit erreicht den Bundestag“, taz vom 19./20. 4. 97

Nun hat das einfältige Gemecker über die Rechtschreibreform auch den Deutschen Bundestag erreicht. Und natürlich darf in diesem unserem Lande jeder seinen Senf dazugeben. Doch ignorieren jene Damen und Herren die Tatsache, daß Sprache etwas Lebendiges ist und sich über Generationen hinweg weiterentwickelt. Wer spricht und schreibt denn heute noch so wie Martin Luther oder – pardon – Walter von der Vögelweide? Diesem Umstand versucht die Reform gerecht zu werden.

Doch wagen wir hier einen Blick über den deutschen Bauchnabel hinaus: 1928 wurde das Türkische binnen sechs Wochen von der arabischen auf die lateinische Schreibweise umgestellt. Die Sprache hat dadurch keinen Schaden erlitten. Richtungsweisend ist in diesem Zusammenhang, wie das Türkische mit Fremdwörtern umgeht: Man spricht „randevu“ und schreibt es auch so!

Wie lächerlich klingt also der gequälte Aufschrei darüber, daß der Tunfisch sein kosmetisches „h“ verliert, obwohl er mit dem „Lutherschen „thun“ nichts zu tun hat. Schreibt man doch auch das „Thal“ der Ahnungslosen schon lange ohne jenen Wurmfortsatz! Helmut Oberst, Baden-Baden

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