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Lasst alte Männer um mich sein!

■ Vor Bertis Augen: Bremen und Frankfurt kläglich / Eine Lanze für Kalli Kamp

Am Tage vor jedem Heimspiel, das ist so Usus bei Werder, trifft sich die gesamte Mannschaft zum Abschlußtraining auf Platz elf. Otto schart seine ballfertigen Eleven um sich und veranstaltet einige Übungen zur körperlichen Erbauung, bevor er schließlich zum Trainingsspiel bittet.

Während die hochdotierten Profis in der Mehrzahl recht verhalten zu Werke gehen bei diesen Übungs-Kicks, verdient sich ein Mann regelmäßig Bestnoten: Karl-Heinz Kamp, von allen zärtlich Kalli geheißen. Ottos wackerer Adlatus, weit in den Vierzigern bereits und doch noch immer ein Vorbild an Kampfesmut und Einsatzfreude. Jedem Balle eilt er nach, keinen Zweikampf läßt er aus, und im Abschlußtraining vor dem Spiel gegen die Eintracht überkam den alten Kämpen Kamp gar ein Gefühl, dessen er in 361 Bundesligaspielen nur höchst selten hatte teilhaftig werden können: Die unbeschreibliche Freude nach einem erfolgreichen Torschuß.

Hätte Rehhagel seinen Trainingsbesten doch nur einsetzen können — es wäre womöglich mehr herausgekommen als ein mickriges Pünktchen in einem langweiligen Gurkenspiel. Doch so mußte Co-Trainer Kalli mitansehen, wie die Frankfurter seinen Bremern trotzten, wie besonders Andy Möller, einer der edelsten Ballschmuser unserer Zeit, immer wieder netzergleich aus der Tiefe des Raumes kam und seine Mitspieler geschickt einsetzte. So bereitete jener Möller das Frankfurter 1:0 nicht nur vor, sondern erzielte es lauch noch höchstselbst nach Doppelpaß mit Axel Kruse.

Warum aber sollte Kamp seine Rasen-Renaissance versagt bleiben, wo doch heute überall reife Herren sich daranmachen, ihr Comeback zu planen. Björn Borg greift schließlich auch wieder zum Racket, Mark Spitz tummelt sich in den Wasserbassins wie in besten Zeiten, und George Foreman wuchtet seinen stattlichen Leib elegant durch alle Boxringe.

Bremens müder Freitagskick hat es jedenfalls bewiesen — um noch eine Chance in der Meisterschaft zu haben, bedarf es nicht nur Eiltsscher Lauffreudigkeit und Harttgenscher Inspiration. Kalli Kamp muß wieder für die terrierhafte Klangfarbe im Werder-Orchester sorgen. Schließlich liegen alte Männer in den Arenen heute voll im Trend Holger Gertz

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