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Langer Atem, kurzer Streik

Gegen Hierarchisierung und BAFöG-Senkung: Aktionstag an der Uni  ■ Von Ulrike Winkelmann

Sparprogramme aller Art, faktische Senkung der BAFöG-Sätze, Hierarchisierung der Uni: Anlässe für Protest gibt es genug. Am 11. Dezember, so hat es die Vollversammlung der Studierenden an der Universität Ende November beschlossen, wird gestreikt. Außer um die stets aktuellen Sparplänen des Senats geht es um die Auswirkungen der Novelle des Hamburgischen Hochschulgesetzes sowie um die Verlegung oder gar Vernichtung von Instituten. Deshalb sollen der Philturm und das Pädagogische Institut blockiert werden. Schließlich, erklärt Thorsten Hinrichsmeyer vom Aktionskomitee gegen Bildungsklau, muß es „für Diskussionen die notwendigen Freiräume geben“.

Was die Beteiligung angeht, ist AStA-Öffentlichkeitsreferentin Sonja Lattwesen einerseits pessimistisch, andererseits „waren wir bei den Vollversammlungen doch überrascht, daß so viel Interesse besteht“ – bei der ersten „VV“ Mitte November kamen 1000, bei der zweiten immerhin noch 500 StudentInnen. Durch einen Streik, so hoffen die Aktiven vom Aktionskomitee (AK) gegen Bildungsklau, dem AStA und der Liste Links, lassen sich Studierende vielleicht besser erreichen als durch das hundertste Flugblatt. „Wenn wir 3000 Leute ansprechen, wäre das schon Wahnsinn“, sagt Sonja Lattwesen.

„Der Streik ist schlecht vorbereitet“, befindet Ulrich Hotze von der „Liste Links“, „aber natürlich gibt es die Notwendigkeit, etwas zu tun.“ Den Links-Leuten geht es vor allem darum, den „gesellschaftlichen Zusammenhang“ zu klären, in den sich die Sparmaßnahmen einfügen; Stichworte sind hier Neoliberalismus und Globalisierung des Kapitals.

Zwei große Streiks hat es in Hamburg in den vergangenen Jahren gegeben: den von 1988/89, der ein ganzes Semester dauerte, und den von 1993/94, der sich immerhin einige Wochen hinzog. Im Streiksemester 88/89, das von den VeteranInnen in Rückschau derzeit noch als Initiation ihrer politischen Sozialisation verklärt wird, wurden nach dem Motto „Uni als Lebensraum“ Institute besetzt, erobert, und manche auch mit Polizeigewalt wieder geräumt. Ein großer Teil der studentischen Cafés, das Volxcafé im Foyer des Philturms etwa, wurde damals eröffnet oder erhielt erst sein unverwechselbares bunt bemaltes, sogar etwas anarchistisches Gesicht.

Den Streik 93/94 bestimmten die „Eckwerte“, ein Regierungspapier zur Verkürzung und Rationalisierung des Studiums. Obwohl dadurch das studentische Da- und Sosein mehr bedroht war als noch fünf Jahre zuvor, war der Protest zahmer und schmaler. Dennoch wurde der Seminarbetrieb in einigen Instituten lahmgelegt, die Aktionen, etwa „Bildung geht baden“ im Kellinghusenbad, weckten öffenliches Interesse.

Seitdem, erklärt Links-Mitglied Ulrich Hotze, „hat sich vor allem die Politik geändert, gegen die wir uns wehren“. War das Eckwerte-Paket noch ein Bündel des Grauens, das sich offensichtlich gegen studentische Interessen richtete, so „werden jetzt all die Eckwerte-Vorschläge sukzessive als Einzelmaßnahmen eingeführt“. Zwangs-Exmatrikulation, Regelstudienzeiten und ähnliches sickern nach und nach in die Studienordnungen ein, ohne daß ein Hahn danach kräht.

Ob sich die Studierenden also dieses Jahr mobilisieren lassen, weiß auch Hotze nicht – je weniger durchschaubar die Maßnahmen sind, mit denen die Freiheit des Studiums eingeschränkt und das Studium verteuert werden soll, desto mehr „müssen wir einen langen Atem beweisen und Aufklärung leisten“. Öffentlichkeitsreferentin Lattwesen ist sich nicht sicher, ob sich durch Information – und seien sie noch so umfangreich – der Protest der Studierenden verstetigen läßt. „Viele Leute realisieren nicht, was sie tun können“, meint sie; „vielleicht ist der Leidensdruck noch nicht groß genug“.

Aber Aufklärung und Leidensdruck, die 88/89 mit Sicherheit nicht höher waren als heute, ergeben noch keine Revolte. „Vielleicht“, vermutet Thorsten Hinrichsmeyer vom AK gegen Bildungsklau, „muß man nur ein kleines Steinchen ins Rollen bringen, um die Leute dabeizuhaben.“

Streikprogramm am 11. Dezember: ab 10 Uhr Frühstück und Diskussionsrunden zur Präsidentenwahl und Uni-Perspektiven; 16 Uhr Demo ab Campus, die mit der Gewerkschaftsdemo gegen die Schließung des Hafenkrankenhauses zusammengeführt werden soll; Lagerfeuer gegen soziale Kälte an einem öffentlichen Ort, 19 Uhr Diskussionsveranstaltung mit den Gewerkschaften gegen Sozialabbau

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