MIT DEN GUS-BITTGESUCHEN AUF DU UND DU: Lange Moskauer Wunschliste
■ Rußland will Schuldenmoratorium und Hochtechnologie
Moskau (dpa/taz) — Einen teuren Wunschzettel übergab der russische Vize-Regierungschef Jegor Gaidar am Wochenende dem EG- Kommissionspräsidenten Jacques Delors: Rußland will einen fünfjährigen Zahlungsstopp für Zinsen und Tilgungen auf seine Auslandsschulden und wünscht außerdem Zugang zu bisher gesperrter westlicher Hochtechnologie. Mit dem Moratorium für die Schuldzinszahlungen solle die Umsetzung der Wirtschaftsreformen erleichtert werden, so die russische Regierung.
Das Land steht für etwa vier Fünftel der gesamten Auslandsverschuldung der früheren Sowjetunion gerade, die sich auf insgesamt mindestens 65 Milliarden US- Dollar belaufen.
Die Vorschläge sollen beim Treffen des russischen Präsidenten Boris Jelzin Anfang Juli in München mit den Regierungschefs der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten (G-7) erörtert werden. Beim Treffen zwischen Delors und Jelzin am Wochenende in Moskau sei auch verabredet worden, in München Regelungen zu erarbeiten, wie die westliche Hilfe in Höhe von 24 Milliarden US-Dollar an Rußland ausgezahlt werden könne. Das zur Auszahlung der Milliardenhilfe nötige Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) soll in Kürze abgeschlossen werden.
Gaidar regte nach Angaben der Nachrichtenagentur 'Interfax‘ außerdem an, Rußland in den Koordierungsausschuß für die Ost- West-Handelspolitik (COCOM) aufzunehmen und die bisherigen COCOM-Beschränkungen für strategische Güter aufzuheben, um seine Integration in den europäischen Wirtschaftsraum zu beschleunigen. Dem Ausschuß, dem 16 westliche Industriestaaten angehören, fiel während des Kalten Krieges die Aufgabe zu, den Export von Hochtechnologie in den Ostblock zu verhindern. Die damaligen Exportbeschränkungen bestehen für Rußland und in die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) nach wie vor.
Delors bewertete die von der EG in den vergangenen fünf Monaten zur Verfügung gestellte Rußland- Hilfe in Höhe von 200 Millionen Ecu als ersten Erfolg. Der geplante Vertrag zwischen der EG und Rußland, der an ein 1989 mit der früheren Sowjetunion abgeschlossenes Abkommen anknüpft, soll aber nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die politischen und kulturellen Beziehungen regeln.
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