Landtag Sachsen-Anhalt: AfD Vizepräsident abgewendet
Der Magdeburger Landtag bleibt weiter ohne Vizepräsidenten. Trotz Stimmen wohl aus der CDU reicht es für den Rechten Hagen Kohl nicht.
Der 52-jährige Kohl war bis 2016 als Personalsachbearbeiter im Landeskriminalamt angestellt und leitete in der abgelaufenen Legislatur den Innenausschuss des Landtages. Mit hetzerischen Reden fiel er bislang nicht auf.
Auch wenn die Geschäftsordnungen deutscher Parlamente der AfD einen Vizepräsidenten zubilligen, muss dieser dennoch von einer Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden. Das gelang in der vergangenen Legislaturperiode seit 2017 im Bundestag keinem einzigen AfD-Kandidaten. Auf Landesebene brauchte die AfD meist mehrere Anläufe, ehe sie einen halbwegs mehrheitsfähigen Kandidaten präsentieren konnte.
In Thüringen schaffte es der Ingenieur und Hochschulprofessor Michael Heinz Kaufmann. In Sachsen ist der ehemalige Berufssoldat André Wendt seit 2019 um eine faire Sitzungsleitung bemüht, brauchte aber auch drei Wahlgänge.
Linke, SPD, Grüne und FDP in Ablehnung vereint
Nach der Landtagswahl vom 6. Juni bahnte sich in Sachsen-Anhalt erneut ein Spießrutenlaufen der AfD-Kandidaten an. Auf der konstituierenden Sitzung des Landtages vier Wochen später fiel zunächst der Abgeordnete Matthias Büttner durch, später sein Kollege Matthias Lieschke. Neben Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) waren im Juli auch die ehemalige Justizministerin Anne-Marie Keding (ebenfalls CDU) und der frühere Fraktionschef der Linken Wulf Gallert problemlos zu Stellvertretern gewählt worden.
Die AfD verfügt im Landtag über 23 Sitze, braucht also weitere 26 Leihstimmen für eine Bestätigung ihres Personalvorschlags. Die CDU stellt mit 40 Abgeordneten die stärkste Fraktion.
Erwartungsgemäß hatten die oppositionellen Linken und Grünen auch die Wahl des dritten AfD-Kandidaten vorab eindeutig abgelehnt. Er sei Teil einer rassistischen und verfassungsfeindlichen Partei, begründete der Parlamentarische Geschäftsführer der Bündnisgrünen Sebastian Striegel die Weigerung. Die AfD wird seit Januar dieses Jahres vom Landes-Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.
In einem Tweet hatte auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle bereits am 8.Oktober ausgeschlossen, dass Hagen Kohl auch nur eine SPD-Stimme erhalten würde. Die SPD ist einer der beiden CDU-Partner in der so genannten Deutschlandkoalition. Der andere, die FDP gab sich liberaler. Man habe keine schwerwiegenden Ablehnungsgründe gefunden, sagte Fraktionschef Andreas Silbersack. Die Liberalen wollten gegen Kohl stimmen oder sich enthalten.
Die halbe CDU-Landtagsfraktion hingegen irritierte mit ihrer Nähe zur AfD schon in der vorigen Legislaturperiode den Landtag. Der Fraktionsvorsitzende Siegfried Borgwardt stellte seinen Abgeordneten nun ihr Wahlverhalten frei, sah aber selbst keine Gründe, Hagen Kohl – immerhin einen Landesbeamten -nicht zu wählen.
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