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Landminen-Verbot unwahrscheinlich

Die internationale Staatengemeinschaft ist nicht zur Ächtung bereit / Besonders Deutschland bemüht sich, die ohnehin begrenzten Vorschläge des Westens noch weiter zu verwässern  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Obwohl die verheerenden Auswirkungen von Landminen allgemein bekannt sind, ist die Staatengemeinschaft nicht zu einem Verbot dieser Waffen bereit. Das wurde bei der heute abend zu Ende gehenden Genfer Vorbereitungstagung für die „Konferenz zur Revision der Konvention über Verbot und Beschränkungen beim Gebrauch bestimmter konventioneller Waffen“ deutlich. Besonders Deutschland und Frankreich sind bemüht, selbst die ohnehin sehr begrenzten Zielsetzungen des für August 1995 geplanten Treffens noch weiter zu verwässern – und stoßen damit auch innerhalb der „westlichen Gruppe“ der Teilnehmerstaaten (Nato und Skandinavier) auf Unverständnis und zum Teil heftige Kritik.

Denn die Verhandlungen der bislang 41 Unterzeichnerstaaten beschränken sich auf ein Teilverbot der Anwendung von „Anti- Personen-Minen“ bei zwischenstaatlichen Konflikten. Greenpeace, die deutsche „Anti-Landminenkampagne“ und andere in der Abrüstung engagierte Organisationen fordern hingegen das totale Verbot nicht nur der Anwendung sämtlicher Minentypen. Zudem sollen Entwicklung, Produktion und Export vergleichbarer Waffen mit verheerenden Wirkungen in zwischen- und innerstaatlichen Konflikten verboten werden.

Stimmen, die in Genf ungehört blieben: Nur drei humanitäre Organisationen, das „Internationale Komitee vom Roten Kreuz“ (IKRK), das UN-Kinderhilfswerk Unicef und das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) dürfen an der Konferenz teilnehmen. Sie treten – immerhin – für ein totales Anwendungsverbot der Minen ein. Der Forderung nach einem totalen Anwendungsverbot von Anti-Personen-Minen haben sich unter den Vertragsstaaten ledliglich Schweden und Mexiko angeschlossen. Die USA, Dänemark sowie alle westlichen Staaten mit Ausnahme Deutschlands und Frankreichs haben vorgeschlagen, AntiPersonen-Minen nur noch in markierten und bewachten Gebieten einzusetzten – zum Beispiel zum Schutz von Grenzen oder von militärischen Anlagen. Außerdem sollen nur noch Minen eingesetzt werden, die sich nach Ablauf einer noch festzulegenden Frist nach ihrer Deponierung selbst zerstören. Für Greenpeace ist dieser Vorschlag „Augenwischerei“. Seine Realisierung werde die Zahl deponierter Minen nicht senken und den Schutz der Zivilbevölkerung nicht erhöhen, sondern schaffe lediglich Märkte für moderne Minentechnologien. Und diese werden vor allem in den Staaten des Nordens entwickelt.

Ein Vertreter der US-Regierung bei den Genfer Verhandlungen räumte ein, daß bei mindestens 1.700 Minen, die die USA im Golfkrieg gegen Irak gelegt hatten, der Selbstzerstörungsmechanismus nicht funktioniert habe. In einem am Mittwoch eingebrachten Textentwurf schlug die deutsche Delegation vor, daß die von den anderen westlichen Staaten vorgesehenen Einschränkungen nur dann gelten sollen „wenn kein Krieg stattfindet oder bevorzustehen scheint“. Dieser Vorschlag fand nur die Unterstützung Frankreichs und stieß bei den anderen westlichen Delegationen ebenso auf erhebliche Kritik und Unverständnis wie die Bemühungen der Bonner Delegation, die Verifikation künftiger Vereinbarungen zu erschweren. Sie hatte vorgeschlagen, daß künftig beim Verdacht, ein Vertragsstaat verstoße gegen Vereinbarungen über ein teilweises Anwedungsverbot von Anti-Personen-Minen Inspektionen nur dann stattfinden dürfen, wenn diese im für die Verifikation zuständigen Staatenausschuß im Konsens beschlossen werden.

Die anderen westlichen Staaten halten eine einfache Mehrheit für ausreichend. Ein West-Teilnehmer der Genfer Verhandlungen kritisierte, Deutschland arbeite mit seiner Position China, Kuba, Iran und Pakistan in die Hände, die verbindliche Verifikationsvereinbarungen völlig ablehnen und es bei freiwilligen Kontrollen belassen wollen.

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