Landeshaushalt: Senat geht in die Vollen

Rot-schwarze Landesregierung beschließt die Eckpunkte des Etats 2016/17 und den Entwurf für den Nachtragshaushalt – mit 562 Millionen Euro extra.

Der Geldsegen soll zwei neue Schwimmbäder bringen Bild: dpa

Vielleicht war das ja ein Grund, den für einen früheren Bänker nicht übermäßig gut bezahlten Job anzunehmen. Statt sich wie seine Vorgänger im Sparen überbieten zu müssen, hat der seit Dezember amtierende Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) über eine halbe Milliarde Euro für mancherlei Nettigkeit zur Verfügung. Diese schon in den vergangenen Wochen angekündigten zusätzlichen Investitionen hat der Senat am Dienstag mit dem Entwurf für einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr und für die Eckpunkte des Etats 2016/17 beschlossen – das letzte Wort hat nun wie stets in Haushaltsfragen das Parlament.

562 Millionen Euro stehen zur Verfügung, der Großteil davon über einen erst Ende 2014 beschlossenen Sondertopf, in den jedes Jahr die Hälfte aller Etat-Überschüsse fließen sollen. Größte Nutznießer sollen Charité und weitere Krankenhäuser sowie die Bezirke sein, in Letzteren vor allem marode Schulen. In beide Bereiche gehen jeweils über 100 Millionen Euro. Weitere große Posten sind mit je rund 60 Millionen neue U-Bahn-Waggons und zwei Multifunktionsbäder in Mariendorf und Pankow (die taz berichtete).

Die Eckwerte für den Landeshaushalt der nächsten beiden Jahre nannte Finanzsenator Kollatz-Ahnen trotz eines deutlichen Wachstums „solide“. Als Dauer-Risiko im Landeshaushalt gelten die hohen Altschulden von rund 61 Milliarden Euro: Durch das niedrige Zinsniveau muss das Land Berlin dafür zwar weit weniger als ursprünglich gedacht zahlen – was sich aber auch ändern könnte.

Kollatz-Ahnen mochte vor Journalisten trotzdem kein Wagnis sehen: Zum einen seien die geplanten Einnahmen konjunkturbereinigt, was die Folgen eines plötzlichen Wirtschaftseinbruchs reduziere. Zudem würden sie nicht auf der optimistischsten Steuerschätzung beruhen. Zum anderen baue man nicht auf gegenwärtigen Rekordtief-Zins auf, sondern auf dem leicht darüber liegenden vom Dezember. Noch vorsichtiger aber dürfe er den Haushalt nicht anlegen – das verbiete der Haushaltsgrundsatz von „Klarheit und Wahrheit“.

Der neue Landeshaushalt für 2016 und 2017, dessen Eckpunkte der Senat jetzt vorgestellt hat, soll im ersten Jahr Einnahmen und Ausgaben von rund 24,5 Milliarden umfassen, im zweiten 25,1 Milliarden. Der aktuelle Doppelhaushalt 2014/15 belief sich jeweils auf rund 23 Milliarden Euro.

Neben diesem Rahmenentwurf beschloss der Senat am Dienstag ebenfalls, wie in seiner Klausurtagung Anfang Januar vereinbart, die lange von der CDU ablehnte Umwandlungsverordnung. Aus Mietwohnungen dürfen fortan nicht mehr ohne behördliche Genehmigung Eigentumswohnungen werden. (sta)

Aus der Opposition gab es dazu vorwiegend Kritik. Steffen Zillich, parlamentarischer Geschäftsführer der Links-Fraktion, mochte trotz des Halb-Milliarden-Ausgaben-Programms keinen Kurswechsel erkennen. Noch immer setze der Senat auf Schuldentilgung statt auf Investitionen: Mit dem neuen Sondertopf „verfrühstückt der Senat Überschüsse aus den vergangenen Jahren“, sagte Zillich, im laufenden Haushalt hingegen seien keine zusätzlichen Investitionen vorgesehen.

Grünen-Haushaltspolitiker Jochen Esser forderte konkret jährlich 200 Millionen Euro zusätzlich für Schulen, Straßenerhaltung und öffentlichen Nahverkehr. Er sieht es als einen Erfolg seiner Fraktion, das es überhaupt zu einem Nachtragshaushalt kommt. Lange hatte er und Fraktionskollegen danach gerufen, mit anfangs mäßigem Widerhall bei den Regierungsfraktionen SPD und CDU.

„Nichts als Augenwischerei“, urteilte der haushaltspolitische Sprecher der Piratenfraktion, Heiko Herberg, über die Finanz-Beschlüsse des Senats. „So lange nicht genug Personal in den Bezirken und Behörden vorhanden ist, können die theoretisch zur Verfügung gestellten Mittel nicht abgerufen werden.“ Die Piratenfraktion werde daher in den Hausberatungen auf mehr Personal pochen. Der Senat hat den Bezirken Unterstützung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und landeseigene Wohnungsunternehmen angeboten, falls sie die Sanierungsprojekte vor allem in Schulen nicht allein bearbeiten können.

Etwas könnte den angesichts der möglichen Ausgaben so angenehm erscheinenden Job eines Finanzsenator dennoch schwierig machen: Die neue Investitionsstimmung dürfte seine Senatskollegen zu weiteren Forderungen ermuntern, wenn es demnächst darum geht, den jetzt beschlossenen Rahmen konkret auszugestalten und dem Parlament vorzulegen. Kollatz-Ahnen vergaß darum nicht, seine Kollegen zu mahnen: „Diese Eckwerte sind strikt einzuhalten.“

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